: Dachau? Dance!
EIERTANZ Berliner wollten eine Party feiern, deren Motto an die NS-Zeit erinnert. Dann gab es Protest
„Lust macht frei“ heißt eine Party, die heute in Berlin-Neukölln hätte gefeiert werden sollen. Auf dem Veranstaltungs-Flyer ist das Eingangstor des KZ Dachau zu sehen, das Wort „Arbeit“ wurde mit „Lust“ überschrieben. Der Veranstalter ist ein italienischer Künstler, der die Party im „Loophole“, einer Neuköllner Szenelocation, stattfinden lassen wollte. Nun wurde sie abgesagt: Auf dem Facebook-Event zur Veranstaltung hatte es zu viele Gegenreaktionen gegeben.
Das Motto habe nichts mit Kritik zu tun und verhöhne Opfer der NS-Zeit, kritisierten die einen. Andere freuten sich auf die Party und meinten, die Deutschen hätten noch immer einen zu ernsten Umgang mit ihrer Geschichte. Steckt eine Idee hinter dem Feier-Motto oder war es als reine Provokation gedacht?
Die offizielle Ankündigung des Veranstalters Mirco Magnani, der auch den Flyer entwarf, lautete so: „Das furchteinflößende Motto ‚Arbeit Macht Frei‘ ist in der kapitalistischen Welt ein stilles und wesentliches Prinzip der modernen Zeit geworden und ist trotz der Lektionen der Geschichte immer noch stark. In diesen Tagen sollten wir uns mehr und mehr darüber bewusst sein, dass die wahre Freiheit auf das Vergnügen fokussiert werden muss.“ Auf all die Diskutierenden, von denen sich viele mit Magnani solidarisierten, reagierte er mit einem Link für seine nächste Ausstellung.
Der geladene Klangkünstler Yann Keller sagte seinen Auftritt ab, weil er den genauen Hintergrund des Mottos vom Veranstalter erklärt haben wollte und „auf keinen Fall in einem Umfeld, wo Derartiges nicht klar ist“, spiele.
Das „Loophole“ hatte sich angesichts der Reaktionen distanziert. Unter diesem Motto werde diese Party nicht stattfinden, erklärt Gianluca Baccanico, Mitbetreiber des „Loophole“, das sich als offener Kulturraum versteht.
Baccanico kündigte an, im März eine Debatte mit Experten für Nazisymbole zu organisieren. Veranstalter Magnani habe jedoch abgelehnt, sich diese anzuhören. Schade, sonst hätte er erklären können, was so ein Partymotto mit dem Ausloten der Grenzen von politischer Kunst zu tun hat. MBN