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Birmas Junta zieht ins Hinterland

Die Generäle verlegen ihren Regierungssitz von der Küstenmetropole Rangun ins 400 Kilometer nördlich gelegene Pyinmana. Über die Motive kann nur gerätselt werden

BANGKOK taz ■ Nach Monaten der Gerüchte hat Birmas Militärjunta offiziell bestätigt, dass sie tatsächlich dabei sei, wichtige Ministerien sowie einen Teil der staatstreuen Medien ins Landesinnere nahe der Stadt Pyinmana zu verlegen. Zu den riesigen Bauprojekten, finanziert von Junta-nahen Konzernen, gehören unter anderem eine Militärbasis mit Start- und Landebahn, ein Krankenhaus, ein Golfplatz, Bunker sowie ein unterirdisches Tunnelsystem. Beobachter mutmaßten, dass die Junta von Zentralbirma aus eine noch striktere Kontrolle über die nahe gelegenen, von ethnischen Minderheiten bewohnten Shan- oder Karen-Gebiete ausüben wolle.

Doch für viele Kenner scheint dieses Motiv nicht ausreichend. Der Birma-Spezialist Joseph Silverstein jedenfalls bezeichnete den Umzug als „völlig irrational“. Unbestritten ist, dass Birmas Regime in den Augen vieler Experten als zunehmend paranoid eingestuft wird. Sie verweisen auf den Aberglauben einiger Generäle, die mit dem Umzug womöglich dem Rat ihrer Astrologen folgten.

Debbie Stothard vom „Alternativen Asean-Netzwerk Birma“ sieht im Umzug aber ein Indiz für den Kampf um den Machterhalt. Seit dem Sturz des als vergleichsweise pragmatisch geltenden Ministerpräsidenten Khin Nyunt im Oktober 2004 hatten sich die Militärs unter Hardliner General Than Shwe zunehmend abgeschottet. Der Umzug nach Pyinmana entspringe einer „großen Paranoia“, so Stothard. Offenbar versuche die Junta, die innere Kontrolle wiederzuerlangen.

Bislang können die Militärs noch auf enge wirtschaftliche Beziehungen mit China bauen. Der Westen hingegen hat den Druck verschärft: Sie sollen endlich die Opposition, allen voran die unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi an der spätestens für 2007 vorgesehenen Komplettierung der sogenannten „Roadmap“ für Demokratie teilhaben lassen. Konsequenterweise beklagt der für Birma zuständige UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsfragen, Paulo Sergio Pinheiro, einen „Mangel an Koordination und Beständigkeit“ innerhalb der internationalen Gemeinschaft gegenüber den Menschenrechtverletzungen in Birma.

Beobachter wie der Exilbirmese Aung Zaw, Herausgeber des in Nordthailand ansässigen Irrawaddy-Magazins, mutmaßen, dass die Junta an ihrer ganz eigenen Zukunftsvision bastelt, wobei der Umzug nach Pyinmana eine wichtige Rolle spielt: Angeblich ist geplant, dass Teile der Armee weiterhin die Streitkräfte kontrollieren, während andere mit der Führung einer neuen Regierung liebäugelten. Diese aber dürfte nur nach außen hin zivilen Charakter haben. Die Junta ist nicht daran interessiert, Macht aus der Hand zu geben.

NICOLA GLASS

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