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Archiv-Artikel

Polizeirazzia in der Türkei

TÜRKEI Unter den 167 Festgenommenen befinden sich Lehrer, Ärzte und Krankenschwestern sowie etliche Beamte aus der öffentlichen Verwaltung

ISTANBUL taz | Mit 167 Festnahmen endete am Dienstagfrüh eine groß angelegte Polizeirazzia in der Türkei. In insgesamt 28 Städten durchsuchte die Polizei in den Morgenstunden Wohnungen und Arbeitsplätze. Angeblich galten die Festnahmen Sympathisanten der „Revolutionären Volksbefreiungsfront“ DHKP/C, die sich vor zwei Wochen zu dem Anschlag auf die US-Botschaft in Ankara bekannt hatte.

Schwerpunkte der Razzien waren Ankara und Istanbul, aber auch in Bursa, Izmir und anderen größeren Städten des Landes schlug die Polizei zu. Hauptziel der Razzien war nach bisherigen Informationen die linke Gewerkschaft „Kamu Emekcileri Sendikalari Konfederasyonu“ (Kesk), die progressivste Gewerkschaft im öffentlichen Dienst. Unter den Festgenommenen befinden sich deshalb auch etliche Lehrer, Ärzte und Krankenschwestern sowie Beamte aus der öffentlichen Verwaltung. Allen Festgenommenen wird vorgeworfen, Unterstützer der DHKC/C zu sein, die sich in der „Revolutionären Beamtenbewegung“ organisiert hätten, die von der Staatsanwaltschaft als legaler Arm der DHKP/C bezeichnet wird.

Der Vorsitzende der Kesk sagte in einer ersten Stellungnahme, das Ziel der Razzia sei offenbar die „Kriminalisierung von Kesk“. „Es ist nicht nötig, uns zu durchsuchen, wir legen alles offen, aber wir werden seit Jahren verfolgt.“ Unterstützung bekam die Kesk gestern von der oppositionellen „Republikanischen Volkspartei“ (CHP). Der stellvertretende Vorsitzende Sezgin Tanrikulu sagte: „Kesk kämpft seit 23 Jahren für die Demokratie. Es ist die engagierteste Gewerkschaft im öffentlichen Dienst.“

Durchsucht wurden in Ankara auch Häuser, in denen sich der Botschaftsattentäter Ecevit Sanli vor der Tat aufgehalten haben soll. Sanli war Mitglied der linksterroristischen DHKP/C, die ihn nach dem Attentat, bei dem Sanli einen Wachmann mit in den Tod riss und eine Journalistin schwer verletzte, auf ihrer Website als Märtyrer rühmte. Seit dem Anschlag fahndet die türkische Polizei nach Unterstützern von Sanli. JÜRGEN GOTTSCHLICH