: Verwirrtes Schäfchen
WAS SAGT UNS DAS? Eine Frau attackiert während der Christmette den Papst und hat jetzt einen Fanclub
Der Zwischenfall ereignete sich in der Nacht zum Freitag, als Benedikt XVI. die Weihnachtsfeiern mit der Christmette eröffnete. Susanna Maiolo überwand eine Absperrung und warf sich auf den Papst. Während Sicherheitskräfte versuchten, sie zurückzuhalten, griff sie nach seinem Gewand. Dabei gingen sowohl der Papst als auch der 87-jährige französische Kardinal Roger Etchegaray zu Boden. Sicherheitsleute halfen dem Papst wieder auf die Beine, sodass er nach ein paar Sekunden die Prozession fortsetzen konnte. Der Kardinal brach sich bei dem Sturz allerdings den Oberschenkel und musste in ein Krankenhaus.
Unmittelbar nach dem Überfall hat sich im Online-Netzwerk Facebook eine Fan-Gemeinde für die Angreiferin gebildet. Bereits am ersten Tag trugen sich mehr als 150 Internetnutzer in den Susanna-Maiolo-Fanclub ein. Darin wurde der Täterin ironisch der Titel einer „Olympiasiegerin im Hürdenlauf“ verliehen, weil sie die Absperrungen überwunden hatte. Auch private Filmmitschnitte des Angriffs wurden ins Internet gestellt.
Die Fan-Gemeinde stellte auch Parallelen zu der Attacke auf den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi her, der am 13. Dezember in Mailand mit einer kleinen Nachbildung des dortigen Doms schwer im Gesicht verletzt worden war. Nach diesem Angriff war ebenfalls auf Facebook zu lesen, der Täter sei ein „moderner Held“.
Unter italienischen Politikern setzte nunmehr eine Debatte ein, ob derartige Beiträge im Internet unterbunden werden sollten. Der Minister für Regierungsangelegenheiten, Gianfranco Rotondi, sprach von „Dummheiten“, die verurteilt und „gestoppt“ werden müssten. Ein Senator aus Berlusconis Partei vertrat die Ansicht, ein Onlinenetzwerk dürfe nicht dazu dienen, „Gewalt zu verherrlichen“.
Nicht ihr erster Versuch
Susanna Maiolo lebte von Juli 2006 bis Juli 2008 in einer betreuten Wohngruppe für psychisch Kranke im Schweizer Kanton Thurgau. Danach zog sie in eine eigene Wohnung. Die 25-Jährige war bei dem Angriff unbewaffnet und wurde zur psychologischen Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Sie hat bereits bei der Christmette im vergangenen Jahr versucht, die Absperrungen zu überwinden, um näher an den Papst heranzukommen. Sie wurde jedoch überwältigt, bevor sie sich Benedikt nähern konnte. Damals trug sie sogar denselben roten Kapuzenpullover wie diesmal.
Der Vatikan erwägt nun rechtliche Schritte gegen die geistig verwirrte Frau. Ein Sprecher deutete am Wochenende aber ein mildes Vorgehen an: Die Justiz im Vatikan sei normalerweise gütig. Man werde ihren Gesundheitszustand berücksichtigen, und es sei wichtiger, sie zu heilen, statt sie zu verurteilen. CAK