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Archiv-Artikel

die muschi und das billermännchen von HARTMUT EL KURDI

Im „Hauptstadtmagazin“ Zitty antwortete Maxim Biller kürzlich auf die Frage, was er „in den nächsten zwei Wochen auf jeden Fall erleben“ wolle, Folgendes: „Auf einen Schlag haben sie alle vergessen, dass ich mal Autor von ‚100 Zeilen Hass‘ war.“

Nun ist es nur verständlich, dass man sich wünscht, die eigene Biografie von den peinlichsten Episoden zu säubern, aber wenn die Frequenz der Albernheiten und Größenwahnattacken so hoch ist wie bei Biller, sind die Chancen, dass die Öffentlichkeit sie wieder vergisst, relativ gering.

Jetzt aber hat sich Biller mit zwei besonders sinnfreien, aber dickhosig präsentierten Veröffentlichungen innerhalb eines Jahres endgültig in die „Hall of Hybris“ katapultiert. Zunächst erschien im Herbst 2004 eine „Tapes“ betitelte CD, auf der Biller zur verstimmten Gitarre – die kein Jugenddiakon beim CVJM-Gemeinschaftsabend arhythmischer hätte schrummen können – Lieder nölt wie „I love my Leid“ und „Deine Muschi mag ich sehr“. In letzterem konfrontiert er uns mit etwas, das er wohl für verruchte Poesie hält: „Wenn du mich fickst, bin ich ganz still / die Welt ist gut und böse / deine Muschi mag ich sehr / grellrot miaut sie wie ein Löwe“. Wenn die Welt auf eine paradigmatische Verschmelzung von Balla-Balla- und Ficki-Ficki-Lyrik gewartet hätte – sie wäre sehr zufrieden!

Richtig lustig aber wird es, wenn Maxim Biller auf „Englisch“ singt. Sein devoter FAS-Redakteur Georg Diez preist im Booklet das singende Geplapper als „Gibberish“, „ein Musizieren jenseits der Vernunftsgrenze“. Richtig: Biller tut das, was Kinder tun, wenn sie Britney Spears vorm Radio mitsingen: lautmalerisch rumspinnen und sich dabei erwachsen vorkommen. Kucke, Mama, ich kann Englisch! Aber was bei Kindern drollig ist, wirft bei Biller die Frage auf: Hat der Mann eigentlich keine Freunde? Oder andere Menschen, die ihm die Wahrheit sagen und ihn so vor dem Schlimmsten bewahren?

Dass Biller weder ein spielendes Kind noch ein charmanter Irrer ist, sondern nur auf eine öde Art durchgescheppert, erkennt man auch sehr schön an seinem gerade erschienenen Bilderbuch „Adas größter Wunsch“: Das Mädchen Ada kommt nach Hause und sucht manisch ihren Kater Hannibal, den es aber gar nicht gibt, was ihr irgendwann auch einfällt, aber am nächsten Morgen bekommt sie dann von ihren Eltern einen zum Geburtstag geschenkt. Ende.

Eine Geschichte ohne Spannung, Dramaturgie, Humor und ohne jeden Inhalt, nur dem eigenen Ego geschuldet: Kucke, jetzt kann ich auch noch Kinderbücher! Die Geschichte wirkt wie in einer halben Stunde hindeliriert, nachdem Biller in der vorangegangenen halben Stunde mal schnell 72 Songs komponiert, getextet, arrangiert, aufgenommen und abgemischt hat.

Da dies der Verlag wohl auch bemerkt hat, engagierte er mit Sybille Hein eine der originellsten Illustratorinnen Deutschlands, die alles gibt, sich einen veritablen Wolf zeichnet und massig schrullige Miezemuschikatzen ins Buch malt, um die Geschichte irgendwie zu retten, was aber leider nichts nützt. Gegen Billermanns zähe Megalomanen-Prosa kommen halt auch die schönsten und aufwändigsten Zeichnungen nicht an.