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Archiv-Artikel

Elektronikschrott beliebter als Dosenpfand

Ab heute gilt die erste Stufe der Elektroschrottverordnung. Händler und Hersteller müssen für die Entsorgung und Verwertung ausgedienter Geräte garantieren. Das kostet sie hunderte Millionen – aber bislang spielen sie mit

BERLIN taz ■ Es geht doch: Die so genannte Elektronikschrottverordnung verpflichtet die Privatwirtschaft zu mehr Verantwortung für ihre Produkte. Und statt, wie beim Dosenpfand, auf Zeit zu spielen, arbeiten die Firmen aktiv an der Umsetzung mit. Ergebnis: Alle Beteiligten schätzen einhellig, dass „das System im Grundsatz funktioniert“.

Ab heute dürfen in Deutschland nur noch Hersteller, Importeure und Händler Elektro- oder Elektronikgeräte verkaufen, die einen Eintrag bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) vorweisen können. Diesen bekommen sie nur, wenn sie einen Vertrag mit einem Entsorger abgeschlossen haben und somit eine Entsorgungsgarantie abgeben können. Wer sich ohne Registrierung beim Verkauf von Geräten erwischen lässt, muss mit einem Bußgeld von 50.000 Euro und einem Verkaufsverbot rechnen.

Grundlage ist das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, kurz ElektroG, das verschiedene EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzt und in zwei Stufen in Kraft tritt: Die Registrierungspflicht gilt ab heute. Ab dem 24. März 2006 dürfen Verbraucher ihre alten Geräte nicht mehr in den Restmüll werfen, sondern müssen sie an den bekannten kommunalen Sammelstellen abgeben oder von den Kommunen abholen lassen. Gebühren fallen dabei lediglich für den Transport an. Für die Verwertung und Entsorgung des gesammelten Schrotts sind dann wiederum die Hersteller zuständig. Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) schätzt, dass die Industrie jährlich zwischen 350 und 500 Millionen Euro für die Rücknahmesysteme aufbringen muss.

Noch kurz vor dem gestrigen Ablauf der Frist für die erste Stufe hatte die Computerzeitschrift c’t versucht, doch noch öffentliche Empörung zu schüren. Sie berichtete, dass viele kleine Unternehmen mit der Bürokratie überfordert und „verzweifelt“ seien. Der Erfolg blieb aus: Lobbyverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Branchenverband ZVEI forderten die zuständigen Landesbehörden lediglich auf, sich „bei Nachzüglern pragmatisch und kulant zu zeigen“.

Das aber finden sogar die Umweltverbände handhabbar. „Die zentrale Registrierungsstelle ist mit dem Andrang nicht mitgekommen“, bestätigt Eva Leonhardt, Expertin bei der Deutschen Umwelthilfe. Jetzt gebe es einen Stau, der aber nichts mit mangelnder Akzeptanz zu tun habe. Auf der anderen Seite erklärt Otmar Frey vom ZVEI, man dürfe Unternehmen, die bis März nicht registriert seien, „Böswilligkeit“ unterstellen.

Ein Grund für das weitgehende Fehlen von gegenseitigen Vorwürfen dürfte auch in der Konstruktion liegen, mit der das ElektroG umgesetzt werden soll. Die letztliche Kontrolle liegt zwar beim Umweltbundesamt (UBA). Die eigentliche Verwaltungsarbeit liegt aber bei der EAR. Und die ist eine von den Branchenverbänden Bitkom und ZWEI initiierte Stiftung, der das UBA damit hoheitliche Aufgaben übertragen hat. Zu ihrer Arbeit gehören neben der Registrierung und der Abholkoordination auch die Nachweisführung, dass die Entsorgung und Verwertung funktioniert. BEATE WILLMS