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Archiv-Artikel

„Keine Eingriffe“

Der künftige Leiter des Kultur- und Medienausschusses im Bundestag, Hans-Joachim Otto (FDP), warnt vor Ministererlaubnis für Springer

Interview Hannah Pilarczyk

taz: Herr Otto, war der vergangene Freitag, als das Bundeskartellamt seine Bedenken gegen die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Springer geäußert hat, ein guter Tag für die Meinungsvielfalt in Deutschland?

Hans-Joachim Otto: Ja. Durch die angekündigte Untersagung würde nicht nur der wirtschaftliche Wettbewerb, sondern im Ergebnis auch die Meinungsvielfalt in Deutschland geschützt.

Wie bewerten Sie die Chancen, dass Springer das Kartellamt doch noch von der Rechtmäßigkeit der Übernahme überzeugen kann?

Als Politiker will ich mich zu dieser juristischen Frage nur bedingt äußern. Ich schließe mich dem Gros der Kommentatoren an, wonach die Bedenken des Kartellamts so schwerwiegend sind, dass Springer keinen Meinungswandel wird herbeiführen können.

Treibt das Kartellamt mit seiner eindeutigen Kritik an crossmedialen Effekten der Fusionspläne die Politik vor sich her? Bisher gibt es ja keine Gesetze, die solche Synergien verbieten.

Nein, das Kartellamt treibt die Politik nicht vor sich her. Das Kartellamt ist eine unabhängige Behörde, in die gerade wir liberalen Politiker größtes Vertrauen haben. Dass man jetzt crossmediale Synergien kritisiert, bedeutet vor allem eine Weiterentwicklung, keine Änderung der rechtlichen Grundlagen durch das Kartellamt.

Sehen Sie die Möglichkeit, dass das Kartellrecht an diese Weiterentwicklung angepasst wird und es zu einer restriktiveren Konzentrationskontrolle kommt?

Die Stellungnahme des Kartellamts basiert auf den geltenden Gesetzen unter Berücksichtigung des technisch-wirtschaftlichen Wandels im Medienbereich. Angesichts dieser dynamischen Auslegung halte ich die bestehenden Regelungen momentan für ausreichend.

Befürworter des Kaufs machen geltend, dass Springer damit als deutscher Player im internationalen Mediengeschäft aufsteigen könnte. Bei einem Scheitern könnten hingegen ausländische Investoren ProSiebenSat.1 übernehmen.

Meinungsvielfalt ist ein Wert an sich. In einem weltoffenen Land wie Deutschland kann es keine Frage sein, ob ein deutscher Eigentümer die Meinungsvielfalt besser schützt als ein internationaler.

Nach dem möglichen Veto des Kartellamts käme für Springer nach eigenen Angaben in Betracht, bei Bundeswirtschaftsminister Michael Glos eine Ministererlaubnis zu beantragen. Wie beurteilen Sie diese Option?

Von dem Institut der Minister-Erlaubnis sollte äußerst sparsam Gebrauch gemacht werden. Besonders in diesem spektakulären Fall warne ich davor, hier politisch einzugreifen. Das gebietet schon der Respekt vor dem Kartellamt, das schließlich für den Schutz von Wettbewerb und Meinungsvielfalt geschaffen wurde.

Muss im Zuge des Springer-Verfahrens auch die Machtkonzentration bei Bertelsmann neu bewertet werden?

Nein, mal davon abgesehen, dass das deutsche Kartellrecht eine Entflechtung bestehender Strukturen verbietet, sind die beiden Konzerne nicht vergleichbar. Zu der Durchschlagskraft, die die Bild-Zeitung auf dem Markt der Kaufzeitungen hat, gibt es beim Bertelsmann-Konzern keine Entsprechung.