: Der Präsident mahnt, doch Europa lahmt
EU Der Bundespräsident ruft die Bürger zu mehr Interesse an Europa auf und räumt Kritik ein. EU-Kommission erwartet unterdessen mehr Arbeitslose und wirtschaftliche Rezession in der Eurozone
BERLIN/BRÜSSEL afp/taz | Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner ersten großen Rede als Staatsoberhaupt zu einer engeren Zusammenarbeit in Europa und zu mehr Bürgerbeteiligung aufgerufen. „Wir brauchen eine weitere innere Vereinheitlichung“, sagte Gauck am Freitag in Berlin. Am gleichen Tag präsentierte die EU-Kommission schlechte Aussichten für die Eurozone: Abschwung und Arbeitslosigkeit werden sich demnach weiter verschärfen.
Gauck räumte Kritik und Zweifel an Europa ein. „Es gibt Klärungsbedarf“, sagte er vor 200 Gästen. Er verwies darauf, dass viele Bürger angesichts der Krise und der komplizierten Rettungspakete ein „Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit“ hätten. Die Antwort darauf könne nicht einfach „mehr Europa“ lauten, sondern müsse differenziert werden.
Ausdrücklich wandte er sich gegen „Geringschätzung oder gar Verachtung“ in der Eurokrisendebatte. Er wies zugleich Sorgen vor einem „deutschen Diktat“ zurück.
Einen „Konstruktionsfehler“ nannte Gauck die Einführung des Euros ohne finanzpolitische Steuerung. Trotz der Europrobleme bekannte sich Gauck aber ausdrücklich zum „europäischen Gesamtprojekt“ und hob die Vorteile Europas hervor.
Dabei droht Europa ein weiteres wirtschaftliches Krisenjahr, erklärte unterdessen die EU-Kommission. Die Wirtschaftsleistung der Eurozone werde in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen und somit in der Rezession verharren, lautet ihr neue Wirtschaftsprognose.
Der Anteil der Arbeitslosen steigt in diesem Jahr auf 12,2 Prozent – ein neues Rekordhoch. In Griechenland und Spanien wird eine Arbeitslosenquote von rund 27 Prozent erwartet.
Auch beim Abbau der Staatsdefizite kommt die Eurozone nicht wie erhofft voran. Das Minus wird sich 2013 auf durchschnittlich 2,8 Prozent der Wirtschaftskraft belaufen – etwas mehr als noch im Herbst erhofft.
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