piwik no script img

Archiv-Artikel

Inklusion kostet, muss aber sein

Schule für Behinderte und Nichtbehinderte

VON SUSANNE MEMARNIA

Mit ihrem Einwand, „behinderte Kinder“ bedürften einer frühzeitigen Diagnose und „so viel separate Förderung wie nötig“, zeigt die CDU, dass sie den Kern des Inklusionsgedankens nicht verstanden hat. Inklusion bedeutet, Verschiedenheit und Vielfalt als das Normale zu betrachten. Für die Schule heißt das: Niemand wird separiert, sondern es gibt in einer Klasse eben Mittelschnelle, Blinde, Hochbegabte, Blonde, Langsame, Dunkelhäutige, Katholiken, Rollstuhlfahrer etc. Und jedeR von ihnen muss individuell gefördert werden.

Daher ist die Stoßrichtung des Inklusionskonzepts des Senats erst einmal richtig: Man sollte Kinder nicht mit Diagnosen wie „lernbehindert“ oder „verhaltensauffällig“ für das ganze (Schul-)Leben stigmatisieren. Erstens sind bestimmte „Behinderungen“ Definitionssache – was für den einen lernbehindert, ist für den anderen bloß etwas langsam. Und zweitens können solche Besonderheiten mit der Zeit verschwinden – bei entsprechender Förderung.

Dies ist genau der Punkt für viele Kritiker. Denn wer garantiert, dass die Schulen genug Personal zur individuellen Förderung haben, wenn sie künftig pauschal Geld bekommen und nicht mehr je nach Zahl der „Behinderten“? Ein bisschen erinnert dies an Debatten im Bereich Migration. Für den einen ist die Kategorisierung von Menschen mit Migrationshintergrund eine Stigmatisierung, für andere notwendig, damit sie gefördert werden können, bis die Unterschiede verschwunden sind.

Für beide Bereiche gilt: Wir kommen nur weg von den Stigmata, wenn die Schulen genügend Geld bekommen. Wenn sie Kapazitäten für jede Besonderheit haben, ist Inklusion möglich. Aber nur dann.