Wirtschaft küsst Wissenschaft: taz ruft zu Uni-Leaks auf
Die Zahl der Stiftungsprofessuren steigt. Dabei sichern sich Unternehmen bisweilen weitgehende Mitspracherechte zu. Die taz will weiter aufklären und setzt auf Ihre Hinweise und Dokumente.

Wie viel Wirtschaft darf Studenten zugemutet werden? Bild: ap
Was die Berliner Technische Universität und die Humboldt Universität im Jahre 2006 mit der Deutschen Bank aushandelten, ging über das übliche Maß der Auftragsforschung weit hinaus. Und die Öffentlichkeit bekam davon wenig mit.
Bei der Gründung eines Instituts für Angewandte Finanzmathematik sicherte sich die Deutsche Bank damals weitreichende Mitbestimmungsrechte. Laut Sponsoren- und Kooperationsvertrag wurde die Bank an der Auswahl der Professoren beteiligt und durfte über die Forschungs- und Lehrinhalte des Instituts gleichberechtigt mitbestimmen. Das letzte Wort sollte aber ein Manager der Bank haben. Die Universitäten stimmten auch zu, alle Forschungsergebnisse mindestens 60 Tage vor Veröffentlichung der Bank vorzulegen.
Die Hochschulen erlaubten der Bank außerdem, zu Zwecken der Personalrekrutierung Infomaterialien über die Hauspost zu versenden und willigten ein, Unternehmenspräsentationen auf dem Campus zu ermöglichen. Und zwar gratis. Ein Einzelfall? Oder die Regel?
Wie weit gehen Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft? Wo sind Grenzen überschritten? Die taz will weiter aufklären. Hinweise und Dokumente bitte an: unileaks@taz.de oder per Post an: taz - die tageszeitung, z.Hd. Anna Lehmann, Stichwort "Uni-Leaks", Rudi-Dutschke-Straße 23, 10696 Berlin.
Alle Hinweise werden strikt vertraulich behandelt.
Leser*innenkommentare
Sydney A.
Gast
Für den angelsächsischen Raum gibt es bereits eine solche Site: www.unileaks.org/ - HQ ist in Australien.
guntherKummerlande
Gast
Die Mitspracherechte der Wirtschaftsunternehmen,
sind in Wirklichkeit Gutsherrenrechte
über die Benotung und Qualität der Qualifikation
durch Wirtschaftsunternehmen und ihre LenkerInnen/HenkerInnen.
Die Unis beharren auf die Freiheit von Forschung
und Lehre gegenüber dem Bund und Ländern,
flüchten in Wirklichkeit aber von staatlicher
Weisungsgebundenheit in die von Wirtschaftsunternehmen.
Wie praktisch für diese High Potentials können
sie im Fall fehlgeschlagener Korrumpierung
doch gleich zu Ihren ursprünglichen
Management- und Lobbyställen zurückkehren.
Wenn also solche Elitekreise die Herrschaft über
Nachwuchsauslese und über Wirtschaftsunternehmen
bekommen können und zusätzlich noch mit
einer Stelle auf Lebenszeit gesegnet werden können,
warum errichten wir nicht gleich wieder
eine Ständemonarchie?
Wie können in einer solchen Paukeratmosphäre
überhaupt noch neue Wirtschaftsmodelle
durchgespielt werden?
Wer entwickelt unter solchen Randbedingungen
nicht eine Selbstzensur, um sich nicht
gleich sein zukünftiges Erwerbsleben gleich
mit zu ruinieren?
Griechenland und das Römische Reich gingen
an Ihrer Korruption kaputt und mit
ihr jede demokratische Staatenorganisation,
weil die Masse zu träge ist, sich
den Soziopathen zu stellen!
Norbert S.
Gast
Ein ähnliches Problem gab es mit Militärforschung an der Uni Karlsruhe am KIT Institut.
Die Bachelorarbeiten der Studenten tragen in kleinen Teilen zur Lösung größerer Probleme in komplexen Waffensystemen bei... Und die Studenten wissen von nichts, da da der Überblick über das große Militärproblem fehlt, bzw. Geheim gehalten wird...