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Kommentar Affäre mit einer 16jährigenWenn Privates politisch wird

Kommentar von Sven-Michael Veit

Von Boettichers Affäre ist moralisch fragwürdig und politisch brisant zugleich, denn sie widerspricht den Grundüberzeugungen einer konservativen Partei.

D as Private ist eben doch politisch. Diese Erfahrung müssen Schleswig-Holsteins CDU und ihr designierter Spitzenmann Christian von Boetticher nun machen. Der Grat, auf dem alle Beteiligten wandern, ist jedoch schmal. Unter Journalisten, die oft mehr wissen als sie schreiben, gilt der Grundsatz: Privat bleibt, was nicht juristisch bedeutsam, moralisch fragwürdig oder politisch brisant ist.

Von Boettichers Affäre ist moralisch fragwürdig und politisch brisant zugleich, denn sie widerspricht den Grundüberzeugungen einer konservativen Partei. An Führungskräfte in unehelicher Gemeinschaft hat die Partei sich inzwischen gewöhnt, außereheliche Kinder werden schulterzuckend akzeptiert, die Affären verwitweter Ministerpräsidenten auch.

Selbst an schwulen Regierungschefs stört sich ebenso niemand mehr wie an lesbischen Bundesministerinnen. Aber eine Liaison mit einem minderjährigen Mädchen geht zu weit – zumindest für die CDU und große Teile ihrer Wählerschaft. Die moralisch möglicherweise fragwürdige Affäre zwischen einem erwachsenen, erfolgreichen Mann und einer Heranwachsenden kann deshalb für die CDU nicht tolerierbar sein.

"Soll, kann, darf so einer Landesvater werden?" war die Frage, welche die Partei zu beantworten hatte. Denn an der Spitze braucht sie jemanden, der im Land eine Mehrheit erreichen kann. Und derjenige kann von Boetticher nicht mehr sein.

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Hamburg-Redakteur
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14 Kommentare

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  • W
    Weinberg

    Ist das nicht ein Fall von echter christdemokratischer Nächstenliebe?

  • H
    Hasso

    "Es widerspricht den Grundüberzeugungen einer konservativen Partei"!? - Wer erinnert sich, an die Puffflugzeuge(Charter-Flüge) der WestLB für Abgeordnete und Firmenbosse? Diese Saubermänner sind heute immer noch im Amt. Das wurde letztendlich vom Steuerzahler finanziert. Jetzt frage ich mich, wer da mehr Moral hat-, "der Verliebte" oder das Gesindel dass heute noch Ämter bekleidet.

  • K
    Katja

    Ich finde nicht, dass "moralisch fragwürdig" hier besonders gut passt. Es ist ja auch nicht illegal. Der Gesetzgeber zieht hier die Grenze ja gerade nicht bei der Volljährigkeit sondern bei 16.

    Für Sex mit 16-jährigen gilt genau das Gleiche wie für Sex mit Volljährigen, es gibt nur zwei Faktoren, die ihn illegal machen:

    entweder es ist nicht einvernehmlich oder es ist Inzest; trifft hier ja nun mal beides nicht zu.

  • R
    Robotergrill

    Es fällt auch mir schwer mir einen 40jährigen, der mit einer 16jährigen zusammen ist, und gleichzeitig über genügend Reife für dieses politische Amt verfügt, vorzustellen. Auf der anderen Seite kenne und kannte ich ein paar 16jährige (Mädchen/Frauen), denen ich genügend Reife zutraue um mit einem 40jährigen zusammen zu sein. Die politische Reife und die partnerschaftliche Reife mögen zwar korrelieren, tun dies aber bestimmt nicht zwangsläufig, denn Kriterien der Partnerwahl sind - obwohl stark von der Norm abhängig – reine Privatsache.

     

    Also entweder Herr von B. ist reif genug für dieses Amt oder er ist es nicht. Ausschließlich die partnerschaftliche Reife sollte dabei keine Rolle spielen.

     

    Auch wenn es unpopulär ist, aber die Deppen sind für mich diejenigen, für welche der (legale) Beziehungsstatus formal eine Rolle spielt. Die CDU also und vielleicht auch ihre Wähler.

     

    Und wenn ich die öffentliche Meinung – aus allen Ecken – höre, wundere ich mich doch wie intolerant dieses Land eigentlich ist.

  • MC
    Mc Carthy

    CDU... das steht für Christen der Unzucht. Dieser adlige Herr will Abgeordneter der christlichen Union bleiben. Während seine Lolita dem Express und morgen der Bild die Feinheiten erklärt. Ja, warum nicht. Ab 16 sind sie vogelfrei.

  • SB
    @Siegfried Bosch

    Bei einer Lehrerin könnten Sie eventuell Recht haben. Aber eine Politikerin wäre noch viel schneller weg vom Fenster als ein Politiker. Simonis, Ypsilanti und zuletzt im Saarland wo wie-hiess-die-noch zwei Wahlgänge gebraucht hat... Politikerinnen können immer noch nicht auf die gleiche Solidarität ihrer Partei zählen, wie das bei Männern der Fall ist.

  • F
    Fördeweber

    Moral hin - Moral her, aber stellen wir uns einmal die Konsequenz vor: von B. wird Ministerpräsient, geht auf Auslandsreise und bittet die Schule, seiner Freundin frei zu geben, damit sie mit zu Herrn Berlusconi kann. In der Türkei spricht er sich dann gegen Zwangsehen von Minderjährigen aus. Statt Frau Carstensen tauft dann die inzwischen 17jährige Schiffe etc.

    Wer will das wirklich?

  • KH
    Karl Hammer

    Wieso wird dann eigentlich von der gesamten deutschen Presse verschwiegen, obwohl man z.B. im Informationsministerium (Amt Seibert) vom Pförtner bis zum Ministerialdirektor darüber lacht, dass die Ehefrau eines der höchsten Repräsentanten dieses Staates beweisbar eine Ex-Prostituierte war? Angst vor noch mehr Erosion?

  • H
    Hasso

    Passen doch gut zusammen,die Zwei. Er ist alt genug, aber anscheinend nicht reif genug, sie zu jung für das Gesetz-, aber reif.

  • BS
    Bruno Schwarz

    Da haben wir endlich mal einen Politiker, der Zugang zur Jugend hat, der sich persönlich um sie kümmert - dann ist das auch wieder nicht in Ordnung.

    Die können einem richtig Leid tun.

  • I
    Irritierter

    Das Land braucht niemanden, der Liebe mit Liebesbeziehung verwechselt. Dieser Mensch kennt keine Verantwortung, wenn die Beziehung beendet wird, sobald höhere Ämter winken. Warum er nun ausgerechnet Fraktionsvorsitzender bleiben soll, müssen seine Kollegen noch herausfinden. Noch hat er nichts dazu gelernt.

  • H
    Heidi

    Das Private ist (fast) immer politisch. Nach welchen Kriterien soll Bürger denn PolitkerIn beurteilen?

    Im vorliegenden Fall: wenn ein gestandenes Mannsbild nicht in der Lage ist, eine ebenbürtige Partnerin neben sich zu haben, sondern "nur" ein Kind (im weitesten Sinne), dann kann Bürger daraus durchaus Schlüsse auf Charakter ziehen.

    Und Charakter ist in der Politik wichtig, nicht nur, was jemand sagt. Nicht nur sein theoretisches Parteiprogramm.

    Privates ist also fast immer politisch. Und wer Politik in hoher Ebene betreibt, sollte dies vorher wissen - und weiss es auch - und muss diesen Preis bezahlen.

    Im übrigen sind auch viele andere "Normalos" gläsern, sobald sie von der Journaille - sage ich jetzt mal so - aus irgend einem Grund aufs Korn genommen werden - mit denen hat dann niemand Mitleid - obwohl es in der Regel "arme Schweine" sind, nur dazu gut, die Blätter zu verkaufen.

  • SB
    Siegfried Bosch

    Die gesamte Behandlung dieses Falles durch die Medien und die Gesellschaft zeugt von Sexismus. Wetten, dass bei einer designierten Landesmutter man bei einer Affäre mit einem 16-jährigen Jüngling nicht nur ein (oder zwei) Augen zudrücken würde, sondern sie auch noch bejubeln würde (als "starke Frau", die sich Rechte herausnimmt, die sich sonst nur Machos, Chauvis und Patriarchen herausnehmen, oder aber als soziales Wesen, welches einen Knaben "in die Liebe einführt" (so heißt es, wenn Frauen Kinder mißbrauchen))?

  • W
    Weinberg

    Ist das nicht ein Fall von echter christdemokratischer Nächstenliebe?