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Pofalla vs. BosbachDer zerknirschte Herr P.

Nach der persönlichen Entschuldigung folgt nun die öffentliche: Kanzleramtschef Pofalla zeigt via "Bild"-Zeitung Reue für seinen verbalen Ausrutscher gegen seinen CDU-Kollegen Bosbach.

"Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe" - Ronald Pofallas Antwort auf Einlassungen seines CDU-Kollegen Bosbachs. Bild: dpa

BERLIN rtr/dapd | Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hat sich für seine verbalen Attacken gegen den CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach öffentlich entschuldigt. Via Bild-Zeitung erklärte der CDU-Politiker laut Vorabbericht: "Ich ärgere mich selbst sehr über das, was vorgefallen ist, und es tut mir außerordentlich leid." Er und Bosbach hätten sich einen Tag nach dem Vorfall vergangene Woche ausgesprochen, sagte der enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel und frühere CDU-Generalsekretär weiter.

Wenige Tage vor der Bundestagsabstimmung über den Euro-Rettungsschirm EFSF hatte Pofalla seinen Fraktionskollegen Bosbach wüst beschimpft. Dabei sollen Äußerungen gefallen sein wie: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen" und mit seiner "Scheiße" mache Bosbach alle Leute verrückt. Der Wutausbruch soll sich am Rande der Sitzung der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe zugetragen haben.

Bosbach selbst hatte am Wochenende gesagt, Pofalla und er hätten demnächst ein Vier-Augen-Gespräch im Kanzleramt. Für ihn sei die Sache erledigt und er versuche, den Vorgang zu vergessen. Bosbach hatte frühzeitig sein Nein gegen die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms angekündigt. In der schwarz-gelben Koalition war massiv um Unterstützung geworben worden, weil Merkel um ihre Kanzlermehrheit fürchten musste, die sie am Ende knapp erreichte.

Zuvor war die Kritik gegen den Kanzleramtsminister immer heftiger geworden. Die SPD warf Pofalla vor, seinem Amt nicht gewachsen zu sein und forderte den Rücktritt des Kanzleramtschefs. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, hatte die Verbalattacke Pofallas als Beleg für die Nervosität innerhalb der Koalition gesehen. "Zu schlechter Politik kommt jetzt auch noch schlechter Stil." Pofallas Entgleisung zeige: "Die Nerven in der Koalition liegen blank. Das Verhalten von Pofalla ist niveaulos und selbst entlarvend. Die Koalition ist in Panik", sagte Oppermann der in Berlin erscheinenden Zeitung Die Welt.

"Das ist der schlechteste Kanzleramtschef aller Zeiten"

Auch aus der Union war Kritik an Pofallas Ausraster gekommen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hatte mehr Respekt zwischen den Abgeordneten gefordert. "Wenn wir als Parlament respektiert werden wollen, braucht es auch Respekt der Abgeordneten untereinander", sagte die Bundestags-Vizepräsidentin dem Hamburger Abendblatt. Sie betonte: "Dazu halte ich alle Seiten an."

Aus den Nachwuchsorganisationen von FDP und CDU waren erste Forderungen nach Entlassung Pofallas laut geworden. Die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale forderte indirekt die Entlassung Pofallas. "Herr Pofalla leistet schon lange keine gute Arbeit. Die Schnittstellenfunktion des Kanzleramtes funktioniert nicht. Daraus sollten langsam Konsequenzen gezogen werden" sagte der Juli-Vorsitzende, Lasse Becker, der in Berlin erscheinenden Tageszeitung Die Welt. Die Wortwahl Pofallas bei dessen Auseinandersetzung mit dem CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach sei "entlarvend". Becker sagte weiter: "Wenn das Kanzleramt schon mit den eigenen Leuten derart umspringt, muss man sich nicht wundern, dass es in der Koalition oft hakt."

Die Berliner Zeitung zitiert einen namentlich nicht erwähnten führenden Koalitionspolitiker mit den Worten, Pofalla sei in seinem Amt überfordert und zudem wegen seiner cholerischen Art nicht dafür geeignet. "Das ist der schlechteste Kanzleramtschef aller Zeiten."

Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze (CDU) indes hält die andauernde Diskussion für überzogen. "Ich halte es für eine Frage der politischen Fairness, das Signal, das beide Beteiligte gegeben haben, zu akzeptieren, und die Sache für abgeschlossen zu erklären", sagte der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag am Dienstag im Deutschlandfunk.

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13 Kommentare

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  • GS
    Gerhard Spannbauer

    "Den wahren Skandal erwähnt man eigentlich gar nicht. Was war passiert?

    Herr Bosbach (Mitglied des deutschen Bundestags) hatte mit weiteren Bundestagsabgeordneten gegen die Erweiterung des Rettungsschirms gestimmt. Das passte Herrn Pofalla gar nicht und so blaffte er seinen Kollegen Herrn Bosbach im Vorbeigehen mit den Worten an:

    „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen! Du machst mit Deiner Scheiße alle Leute verrückt!“

    Als Bosbach ihm entgegenhielt „Ronald, guck doch bitte mal ins Grundgesetz, das ist für mich eine Gewissensfrage“ herrschte ihn Pofalla an: „Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe!“

    Herr Pofalla hat damit einen demaskierenden Auftritt hingelegt, der ein grelles Schlaglicht auf die Haltung unserer Politiker wirft. Dieser Ausfall ist keine momentane, isolierte Entgleisung, sondern spiegelt tatsächlich die Wertschätzung des Grundgesetzes und der Gewissensfreiheit bei unserem politischen Spitzenpersonal wider. Bezeichnenderweise wird dieser letzte Satz in kaum einem der Massenmedien erwähnt.

    Merkel entmündigt den Bürger öffentlich im Fernsehen

    Unsere Bundeskanzlerin erklärte in der 1-Personen-Talkshow bei Günter Jauch unumwunden, sie wolle noch mehr Souveränitätsrechte Deutschlands an die EU übertragen. Das ist ganz eindeutig verfassungswidrig und dies hat das Bundesverfassungsgericht vor kurzem unmissverständlich klargestellt.

    Damit nicht genug, will Bundeskanzlerin Merkel auch noch weitere Durchgriffsrechte der EU gegen Staaten, die nicht gehorsam gegenüber den Anordnungen aus Brüssel sind. Das ist ein Verstoß gegen das Souveränitätsrecht der Staaten und ein klarer Bruch des Völkerrechts.

    Herr Jauch war sichtlich sprachlos. Als er die Kanzlerin fragte, ob sie denn wirklich ein solches Europa auch gegen den Willen des deutschen Volkes (das sie gewählt, und dem zu dienen sie ja geschworen hat) durchsetzen würde, antwortete sie tatsächlich mit einem klaren „JA!“

    Die Regierenden handeln gegen den ausdrücklichen Willen des Volkes!

    Wir sind niemals zu irgendeiner dieser Schicksalsentscheidungen gefragt worden!

    Weder, ob wir die EU-Verfassung, den Euro oder hunderte Milliarden an Bürgschaften auf unsere Schultern und die unserer Kindeskinder laden wollten. Diese Aufzählung ließe sich noch weiter fortsetzen.

    Sobald einmal Umfrageergebnisse im Internet zu diesen Fragen aufscheinen, zeigen sie immer eine überwältigende Ablehnung der Regierungspolitik."

  • GS
    Guido Schümann

    "Respekt ... bezeichnet eine Form der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung gegenüber einem anderen Lebewesen ... oder einer Institution." (Wikipedia)

     

    Herr Pofalla, Bundesminister für besondere Aufgaben und Leiter des Bundeskanzleramtes, lässt dies alles vermissen - dem Bundestagsabgeordneten Herrn Bosbach gegenüber, dessen Gewissen gegenüber und auch dem Wahlvolk sowie dem Grundgesetz gegenüber.

     

    Nachträgliche "Es-tut-mir-leid"-Platitüden, krampfhafte Erklärungsversuche ("enormer Druck") sowie seltsames Verständnis von dritter Seite (Joschka Fischer) für die dissozialen Entgleisungen helfen jetzt nicht mehr weiter. Arbeitnehmer würden für ein derart rüpelhaftes Verhalten abgemahnt oder sogar gefeuert. Treten Sie zurück. Herr Pofalla!

  • VJ
    Volker Jagemann

    Moin aus dem Norden.

    Eigentlich nicht mein Sprachstil, aber jetzt, wo er's sagt: Seine Fresse und Stimme kann ich schon lange nicht mehr ertragen.

    Da er bisher nicht für temperamentvolle Debatten bekannt wurde: Woher plötzlich diese Power? Geht es vielleicht um schnöde materielle Dinge? Wieviel zahlen die Banken für diese leckeren Rettungsschirme ohne Eigenbeteiligung?

    Zu schön, wenn 's jetzt einen,dezent gesagt,Po-Faller oder Schlimmeres (Fresse wäre ja passend für ihn) gäbe.

    Tschüs.

    V.Jagemann

  • T
    tazitus

    "..Ich versuche, den Vorgang zu vergessen..." (Bosbach)

     

    Niemand kann hier ermessen

    ob aktives Vergessen

    bei beleidigten Fressen

    zum Erfolg führen kann.

     

    Wenn jedoch unterdessen

    die Vertreter von Pressen

    sich schon fragen, wer wessen

    Scheiß nicht hören will, dann

     

    sind Parteiinteressen

    und verdauetes Essen

    wohl die Basis all dessen

    wovon man [---] kotzen kann.

  • L
    liberalissimo

    Herr Fischer, genannt Joschka, sagte in einer Plenarsitzung des Bundestages: "Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch".

  • A
    aurorua

    Pofalla wurde doch schon zu Studienzeiten von Mietmäulern und Lobbyisten der Müllmafia gesponsert (WIKI).

    Eine menschgewordene Schleimdrüse, unfähig ist doch klar, die kompetenten sind doch längst gegangen oder gegangen worden.

  • R
    reblek

    "Das böse R-Wort" - Findet das mit dem XYZ-Wort bei der taz wirklich noch jemand originell?

  • S
    Snack-Tomate

    Ich wusste gar nicht, das die in Berlin erscheinende Tageszeitung Die Welt in Berlin erscheint.

     

    PofHalla hat doch eigentlich immer diesen gehaucht-sanften Ton. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er so furchtbar daherflucht. Schlimm, schlimm, schlimm...

  • JC
    Joseph Canaillo

    Nomen est omen.

     

    Po-falla.

    Po = Hintern

    Falar (portugiesisch)= sprechen

     

    Also: 'der mit dem Hintern spricht'.

     

    Man könnte den Parlementarier im allgemeinen so nennen: alles kleine und große Pofallas.

  • L
    Lox

    Vielleicht bin ich ja noch nicht ganz wach, aber was ist denn nun das "böse R-Wort"?

  • EP
    Ehrbare Politiker

    Die Basta-Partei soll sich nicht so aufspielen.

    Wer Monatelang vermutlich Abgeordnetengehälter kassiert und dann keine Landes-Regierung gewählt bekommt weil er niemals mit der Linken koalieren würde, soll erst mal seine eigene Demokratie-Moral überprüfen.

    Vergleichbares Kindergartentum sieht man ständig jeden Tag im Parlament. Weil die Kontrollfunktion der Presse so gut funktioniert wie Berliner S-Bahn-Bremsen und beim ersten Schneefall die Eisenbahn-Bremsen.

     

    Der Politik-Redakteur oder Genosse der alt genug ist, fragt sich jetzt, ob die Julis wie typische Hinterbänkler vorgeschoben werden um die FDP ins Rampenlicht zu bringen und Dinge auszusprechen, die man sich nicht direkt traut.

    Und sollte man überhaupt noch von Parteien berichten, die unter 4% liegen ?

  • HS
    Heinz-Lothar Schilder

    Wir haben einige Leute in der Regierung, für die man sich fremdschämen muss. Pofalla ist der Ärgerlichste von allen, schon immer gewesen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man nur noch lachen über diesen Politclown. Es ist allerdings auch bezeichnend für die Kanzlerin, dass sie sich mit solchen Schwachköpfen umgibt. Starke Männer an ihrer Seite kann sie nicht ausstehen. Ich finde, solche Leute haben wir Deutschen nun wirklich nicht verdient. Es ist ein trauriges Kapitel in unserer Nachkriegsgeschichte. Oh Wähler, erlöse uns von dem Übel.

  • S
    Spritzendorfer

    Die Annahme einer Entschuldigung ehrt zwar den "Angegriffenen" Bosbach - sie schafft aber nicht aus der Welt, daß ein hoher Parteifunktionär und "Kanzlerinnen-Sprecher(?)" das Grundgesetz aufs Gröbste in Frage stellt und damit vor allem ja den Souverän, nämlich den Wähler aufs Ärgste "beleidigt" hat.

    Wer das Grundgesetz und die Gewissenfreiheit der Abgeordenten dermaßen "bewertet" (vollkommen unabhängig vom konkreten Anlaß!), hat in einem "demokratischen" "Führungskreis" nicht zu suchen und sollte selbst die Konsequenzen ergreifen, bevor ihn die Kanzlerin "unvermeidbar" aus seinem Amt entfernt.