AMBROS WAIBEL ÜBER PEER STEINBRÜCK UND DIE WAHLEN IN ITALIEN : Mit Grillo in die 3. Republik
Mit Peer Steinbrücks Doppelclownäußerungen ist der Tiefpunkt deutscher Italienanalyse erreicht worden. Dass Präsident Napolitano nun das Treffen mit Steinbrück absagt, ist nachvollziehbar. Statt Beschimpfungen ist eine rationale Auseinandersetzung mit italienischer Innenpolitik notwendig.
Das italienische Pendant zur SPD, die Demokratische Partei (PD) hat gerade mal wieder eine krachende Niederlage eingefahren. Ihr Anführer Pier Luigi Bersani scheint nun zumindest ansatzweise ein Gespür dafür zu entwickeln, was er keinesfalls tun darf, wenn er die italienische Linke nicht endgültig überflüssig machen will: Mit Berlusconi und dessen Wählern kann es keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit geben. Wer Kriminelle als gleichberechtigte Gesprächspartner akzeptiert, macht sich zum Komplizen. Sollte Bersani von seiner aktuellen Linie – Verhandlungen mit der Fünfsternebewegung – abrücken, kann er Beppe Grillo gleich noch mal ein paar Millionen Wählerstimmen überweisen.
Grillo, den die deutschen Medien einen „Komiker“ nennen, obwohl er einen gigantischen Erfolg als Politiker erzielt hat, ist vollkommen berechenbar: Keine Koalition, aber Prüfung und gegebenenfalls Zustimmung, Gesetz für Gesetz, heißt seine Linie. Wer hindert Bersani daran, zusammen mit Grillo dafür zu sorgen, dass die nächste Wahl eine mit einem vernünftigen Wahlrecht sein wird? Dass Berlusconi nur noch eine Bühne bekommt: den Gerichtssaal? Wer hindert die PD daran, mit einer neuen Bürgerbewegung – ob man sie sympathisch findet oder nicht – die Grundlagen für eine Dritte Italienische Republik zu legen? Nur sie selbst. Das größte Problem für Sozialdemokraten, in Italien wie Deutschland, ist immer noch, dass sie jenseits der etablierten Politik nur Clowns wahrnehmen.
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