: Sommerzeit ist noch nicht abgelaufen
Schulministerin Barbara Sommer (CDU) wird zunehmend als Wackelkandidatin gehandelt. Von offizieller Seite will das aber niemand bestätigen. Die Quereinsteigerin brauche mehr Rückhalt aus ihrer Partei, fordern Lehrervertreter
DÜSSELDORF taz ■ Die politische Karriere der Schulministerin Barbara Sommer (CDU) könnte bald zu Ende sein. Noch nie hätte sich eine Ministerin in wenigen Monaten bei den LehrerInnen so unbeliebt gemacht wie die Bielefelder Quereinsteigerin, sagt unter anderem Peter Silbernagel, Sprecher des Philologenverbands NRW. Dabei steht sein Verband traditionell der CDU nahe.
Die GymnasiallehrerInnen, die Silbernagel vertritt, fühlten sich von den Vorhaben der Ministerin überlastet, so Silbernagel. Aktuelles Beispiel ist der Streit um zentrale Prüfung nach der zehnten Klasse, die Sommer für das Schuljahr 2006/2007 plant. Wegen des anstehenden Zentralabiturs hatten die Gymnasien die Ministerin aufgefordert, sie erst einmal damit zu verschonen – und wurden enttäuscht. „Dass Sommer so unbeliebt ist, hat sich selbst mit zu verantworten.“ An ein baldiges „Ende der Sommerzeit“, von der die Westfälische Allgemeine gestern berichtete, glaubt Silbernagel deshalb noch nicht: „Dafür gibt es keinerlei Anzeichen.“ Auch nicht dafür, dass die CDU-Schulpolitiker Berhard Recker und Herbert Reul als Nachfolger gehandelt würden. Dementiert werden diese Gerüchte auch vom Schulministerium sowie der CDU-Fraktion im Landtag. „Da ist nichts dran“, sagt Fraktionssprecher Andreas Hermes.
In der Schulpolitik hatte sich die neue Landesregierung gleich nach Amtsantritt mehrere Fehler erlaubt: Als es um die bevorstehende Schließung von Zwergschulen ging, sprach Ministerpräsident Rüttgers öffentlich von 770 Schulen, die Schulministerin hingegen von 60. Die Lernstandserhebung bei Neuntklässlern wurde an einem der wichtigsten muslimischen Feiertage durchgeführt. Aber das größte Manko der neuen Ministerin, so Schulexperten, sei ihre mangelnde Einbindung in die Parteigremien. „Die ist nicht auf ihr Amt vorbereitet worden“, so Andreas Meyer-Lauber, NRW-Vorsitzender der GEW. Es sei so nicht verwunderlich, dass ein Politneuling wie Sommer Anlaufschwierigkeiten habe. Für andere Dinge sei die Ministerin gar nicht selbst verantwortlich: „Vieles steht im Koalitionsvertrag und sie muss das umsetzen.“
Wie zum Beispiel die Auflösung der Grundschulbezirke. Da hatte sich der kleine Koalitionspartner FDP gegen die Union durchgesetzt. Sommer sah sich verpflichtet, den Beschluss umzusetzen und erntete von allen Seiten Kritik – auch in den eigenen Reihen. Integrationsminister Armin Laschet zum Beispiel befürchtete dadurch eine weitere Ghettoisierung von Migrantenkindern in bestimmten Stadtvierteln. Die ehemalige Schulrätin Sommer versucht nun einen Spagat und arbeitet zurzeit an einer Aufweichung des Konzepts: Alle Kinder aus einem Schulbezirk sollen vorrangig zu der Schule vor Ort gehen können. Nur wenn weitere Kapazitäten frei seien, dürften Eltern aus anderen Bezirken ihre Kinder dort anmelden.
Wie Meyer-Lauber denkt auch der NRW-Vorsitzende des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, dass Sommer keine Rückenstärkung aus der eigenen Partei erhält. „Rüttgers muss ein klares Machtwort sprechen.“ Schließlich habe er sie bewusst als Seiteneinsteigerin ins Kabinett geholt.
NATALIE WIESMANN