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Archiv-Artikel

Stiftung betreibt verdecktes Spiel

DEBATTE Tagung zum geplanten Umzug der Gemäldegalerie auf die Museumsinsel

Der Titel der Tagung im Bodemuseum klang mit „Malerei und Skulptur“ denkbar allgemein. Tatsächlich aber hatte es diese Veranstaltung in sich. Denn hier ging es nicht ein weiteres Mal um den seit der Renaissance unter dem Namen Paragone bekannten Wettstreit zwischen Malerei und Skulptur. Das eigentliche Thema war der vom Hausherrn, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, geplante Umzug der Gemäldegalerie vom Kulturforum auf die Museumsinsel.

Die Pläne hatten vergangenen Sommer einen „Shitstorm“ ausgelöst. Aus der ganzen Welt hagelte es Protest von Kunsthistorikern, die fürchteten, dass große Teile der Weltgeltung beanspruchenden Sammlung zur europäischen Malerei vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert über Jahre ins Depot wandern müssten. Denn im Bode-Museum ist für die Sammlung zu wenig Platz, zumal von der Preußenstiftung geplant ist, Malerei und Skulptur gemeinsam zu präsentieren.

Wie auf der fast klandestin organisierten und selektiv einladenden Tagung herauszuhören war, geht es längst nicht mehr um die Frage, ob ein Umzug der Gemäldegalerie überhaupt sinnvoll wäre, sondern nur noch um Marginalien einer „integrativen Präsentation“ von Malerei und Skulptur im Umfeld der Museumsinsel – etwa die unterschiedlichen Beleuchtungsbedürfnisse von Gemälden oder Skulpturen. Doch das sei technisch alles machbar, beschied Bernd Lindemann, Direktor der Gemäldegalerie und auch Chef der Skulpturensammlung. Und entschiedener Befürworter einer Vereinigung auf der Museumsinsel. Die hochkarätigen Experten aus New York, Madrid und London, die auf der Tagung über ihre musealen Konzepte berichteten, fungierten also im Grunde nur noch als Alibi für die Tatsache, dass hinter den Kulissen die Weichen schon gestellt sind.

Weiter reichende Fragen

Natürlich gibt es Argumente für und wider eine gemeinsame Präsentation von Malerei und Skulptur. Kritiker befürchten etwa ein „Downgrading“ der Kunstwerke, wenn sie nur noch dazu dienen, eine Epoche oder ein kulturhistorisches Thema zu illustrieren. Die Kombination zweier lange Zeit getrennt präsentierter Gattungen wirft sofort weiter reichende Fragen auf: Warum dann nicht auch das Kunstgewerbe und die Grafik dazunehmen? Tatsächlich sollen das am Kunstforum verbleibende Kupferstichkabinett und das Kunstgewerbemuseum mit „Schaufenstern“ ebenfalls im Bode-Museum präsent sein.

Weil dafür im Bode-Museum nicht ausreichend Platz ist, soll auf der anderen Seite des Kupfergrabens ein Neubau entstehen. Statt einer Vereinigung auf der Insel ist also eine Aufteilung auf zwei Häuser geplant. Deren Inhalte sollen nicht mehr in nord- und südalpine Kunst aufgeteilt, sondern chronologisch geschieden werden. Für das neue Gebäude ist bereits ein städtebaulicher Wettbewerb abgeschlossen, der Standort und Baumasse festlegt.

Eine Beruhigungspille

Die von der Stiftung als Reaktion auf die öffentliche Empörung in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie, die nun unter dem Titel „Variantenuntersuchung“ wohl frühestens im Mai fertig wird, entpuppt sich also als Beruhigungspille. In Wirklichkeit, so konnte man es allen Äußerungen der Stiftungsvertreter entnehmen, plant niemand eine Variante, nach der die Gemäldegalerie nicht auf die Museumsinsel umziehen wird. Einzig der Zeitplan zur Umsetzung der Planungen für den Umzug der Gemäldegalerie ist noch offen. Denn als Zugeständnis an die Kritiker wird nun beteuert, die alten Meister würden erst umziehen, wenn auf der Museumsinsel gleichwertiger Ersatzraum geschaffen sei. Details dazu gab es nicht. Will man die Gemälde vielleicht doch in einer Interimslösung präsentieren?

Skepsis und Zweifel bleiben bestehen, solange die Stiftung in Sachen Museumsplanungen ein verdecktes Spiel betreibt. Insofern war die sogenannte Fachtagung eine aufschlussreiche Veranstaltung.

Man ließ diskutieren, an abweichenden Ergebnissen oder grundsätzlich neuer Erkenntnis war man aber nicht interessiert. Hermann Parzinger, Präsident der Preußenstiftung, räumte zum Abschluss der Tagung ein, es habe in Sachen Umzugspläne „Kommunikationsfehler“ gegeben. Eine Formulierung, diekritisierte Politiker benutzen, wenn sie meinen, sie hätten im Grunde doch recht. RONALD BERG