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Archiv-Artikel

Sie vertraute den Irakern – und lachte über Warnungen

Der Irak ist die Leidenschaft von Susanne Osthoff. Die entführte Deutsche, die fließend Arabisch spricht, wollte dem geschundenen Land helfen

ERBIL/BERLIN taz ■ In der kurdischen Stadt Erbil ist Susanne Osthoff vor etwa zwei Monaten aufgetaucht. Wie immer voller Pläne. Sie wollte hier ein deutsches Kulturinstitut aufbauen. Die entsprechende Immobilie für das ambitionierte Projekt hatte sich Osthoff auch schon ausgeschaut – das Chalabi-Haus in der Zitadelle von Erbil, dem Wahrzeichen der kurdischen Hauptstadt. Die Stadt ist einer der ältesten besiedelten Orte der Welt.

Mit unverkennbar bayrischem Zungenschlag warb Osthoff beim kurdischen Kultusministerium für das ambitionierte Projekt. Dort rannte sie offene Türen ein, denn die Regionalregierung wünschte sich schon seit längerem ein größeres Engagement der Deutschen. Nur die Finanzierung war noch offen. Die deutsche Botschaft in Bagdad hatte in einem Schreiben ihre grundsätzliche Unterstützung zugesagt. Dort wollte man laut Osthoff nun eine Zusicherung seitens der kurdischen Regionalregierung.

Im Vertrauen auf ihre Landeskenntnisse pendelte Osthoff per Taxi zwischen der irakischen und der kurdischen Hauptstadt. Vorletztes Wochenende brach sie wieder nach Bagdad auf, vergangenes Wochenende wollte sie nach Erbil zurückkehren.

Bekannte hatten die 43-jährige vor den Fahrten nach Bagdad gewarnt. Mit einem tiefen Lachen wischte sie die Bedenken vom Tisch. Sie vertraute auf Land und Leute. Schließlich war sie auch Musab al-Sarkawi, dem Chef des irakischen Ablegers von al-Qaida, entgangen. In Mossul, wo sie nach eigenen Angaben mit finanzieller Hilfe des Auswärtigen Amtes die Sanierung eines historischen Gebäudes in der Altstadt betrieb, hatte sie im Januar Drohungen erhalten. Ob sie die Amerikaner aus der brenzligen Situation retteten oder gar festsetzten, blieb allerdings unklar. Von weiteren Fahrten in die Rebellenhochburg abhalten ließ sich Osthoff dadurch nicht. „Wir müssen mit dem Haus die Geschichte der Stadt retten“, sagte sie. „Sonst ist hier alles verloren.“

Die 43-Jährige interessierte sich schon früh für die Region. Nach dem Abitur studierte die aus dem bayrischen Ort Glonn in der Nähe von München stammende Frau vorderasiatische Archäologie und Semitistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Studien- und Ausgrabungsreisen führten die Archäologin in die Türkei, nach Marokko, Ägypten und weitere arabische Länder. 1984 nahm Osthoff zum ersten Mal an einer Grabung im Irak teil. Dort lernte sie ihren späteren Mann, einen Iraker, kennen. Sie vertiefte ihre Kenntnisse von Kultur und Sprache des Landes. Auch als Reiseleiterin war sie tätig. Ihr besonderes Interesse und Engagement aber gilt dem Irak. Durch den Ausbruch des Krieges konnte Osthoff nicht mehr als Archäologin arbeiten.

Osthoff, die nahezu perfekt Arabisch spricht, war schon im Golfkrieg unter den ersten Helfern, berichtet ihre Mutter gegenüber RTL. Sie habe sich sogar als Mann verkleidet und gesammelte Spenden an Krankenhäuser persönlich übergeben. Osthoff hat sich für die humanitäre Hilfe für die irakische Bevölkerung eingesetzt. Mit der Organisation „Direkt-Hilfe Irak“ hat die Archäologin jahrelang Medikamente und medizinisches Gerät in den Irak gebracht. Die Familie der Deutschen konnte das gefährliche Engagement nicht immer nachvollziehen. „Die Flüchtlinge kommen nicht raus, also muss ich rein“, sagte Osthoff in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, die Osthoff im Jahr 2003 den Tassilo-Preis für Zivilcourage für ihr Engagement im Irak verlieh.

Von ihrer deutschen Familie hat sich Osthoff in den letzten Jahren weitgehend zurückgezogen. Zur Familie ihres mittlerweile getrennt lebenden Mannes hat die zum Islam konvertierte Deutsche angeblich mehr Kontakt. Die gemeinsame 11-jährige Tochter lebt bei Freunden in Glonn. IRO, MIME