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Archiv-Artikel

Winterschlaf bei der S-Bahn

KÄLTESCHOCK Der strenge Winter verschärft das derzeitige S-Bahn-Chaos. Keine Besserung in Sicht

Wenn schon bei den jetzigen Temperaturen die Türen der S-Bahnen klemmen oder die Elektronik ausfällt, dürfte sich das Chaos kommende Woche weiter zuspitzen. Dann sind Temperaturen um die minus 20 Grad vorausgesagt. Im vergangenen Jahr waren bei ähnlichem Wetter mechanische Fahrsperren eingefroren. Etwa ein Drittel der Züge kam zu spät, ein Sechstel fiel aus. Da die Fahrsperren erst Ende dieses Jahres modernisiert werden, befürchtet SPD-Verkehrsexperte, Christian Gaebler: „Das Chaos vom letzten Jahr kann sich durchaus wiederholen.“

Im vergangenen Monat hatte bereits der Betriebsrat der S-Bahn kritisiert, die Wintervorbereitung der Schienen sei mangelhaft. Unter anderem werde ein spezielles Fett mit billigerem gestreckt. Auch Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert wollte gegenüber der taz weitere Probleme wegen tiefer Temperaturen nicht ausschließen.

Zu Beginn des Berufs- und Schulverkehrs fielen am Montag erneut viele S-Bahnen aus. Am Morgen gab es auf allen Strecken Verspätungen von etwa zehn Minuten. Viele Züge waren außerdem überfüllt. Fahrgäste berichteten von erheblichen Wartezeiten an den Bahnhöfen, manche Züge seien außerdem so voll gewesen, dass sie nicht mehr einsteigen konnten.

Bei der S 1 S 46, S 7 und S 9 wurden die Takte verlängert und die Fahrtstrecken teilweise verkürzt. Nach wie vor sind alle Züge kürzer als normal und die S 45 und S 85 fahren gar nicht. Grund für das anhaltende Chaos ist, dass die S-Bahn zurzeit keine Reservezüge hat, die defekte Züge ersetzen könnten. Nur 620 Wagen sind im Einsatz, eigentlich müssten es 850 sein.

Und auch wenn der Winter nicht, wie vorhergesagt, noch kälter wird, müssen sich die Berliner in Geduld üben. Fahrgäste sollten sich auf längere Fahrtzeiten einstellen, so der Bahn-Sprecher, und Alternativen nutzen, wie die Regionalzüge nach Potsdam. Allerdings kritisierte der Fahrgastverband Igeb, die zusätzlichen Regionalbahnen würden die Lage nicht verbessern, da sie nur wenige Minuten nach den regulären Zügen fahren. Weil das Platzangebot zwischen Lichtenberg und Alexanderplatz mehr als halbiert sei, sollte die S-Bahn außerdem zusätzliche Fahrten der U 5 bei der BVG bestellen.LALON SANDER