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Archiv-Artikel

Aufsichtsrat gibt Okay für S 21

STUTTGART Trotz starker Kostensteigerungen darf die Bahn an ihrem Tiefbahnhof festhalten

Der Aufsichtsrat

■ Was tut er? Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand, der das operative Geschäft eines Unternehmens verantwortet. Zu seinen Prüfungspflichten gehört es, einen korrekten Jahresabschluss sicherzustellen. Zudem ernennt der Aufsichtsrat Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung, er kann sie auch abberufen.

■ Wer wird Aufsichtsrat? In diesem Gremium sitzen Eigentümervertreter; in den meisten großen deutschen Firmen haben auch Repräsentanten der Arbeitnehmer Sitz und Stimme. Sie tagen meist einmal im Jahr, die Tätigkeit wird in der Regel honoriert. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder hängt von der Größe der Firma ab. (rot)

AUS BERLIN RICHARD ROTHER

Das umstrittene Bahnhofsprojekt kann weitergebaut werden. Der Bahn-Aufsichtsrat gab am Dienstag nach einer Sondersitzung in Berlin grünes Licht dafür. Das Gremium stimmte am Dienstag in Berlin mit großer Mehrheit dafür, dass der Finanzierungsrahmen auf 6,526 Milliarden Euro erhöht wird. Bisher lag der Kostendeckel bei 4,526 Milliarden Euro.

Als Bedingung für die Erhöhung des Kostenrahmens um zwei Milliarden Euro fordern die Aufsichtsräte der Bahn, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart auf eine Beteiligung an den Mehrkosten zu verklagen. Die geplante Fertigstellung des Tiefbahnhofs in Stuttgart verschiebt sich auf Ende 2022. Vor zwei Jahren war die Bahn noch von 2019 ausgegangen. „Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv nach Alternativen gesucht“, sagte der Aufsichtsratsvize und Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Alexander Kirchner, der taz. Diese seien aber nicht gefunden worden, auch weil das Land Baden-Württemberg nicht auf Regressforderungen an die Bahn im Falle eines Abbruchs verzichten wolle. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht spricht einiges für die Fortführung des Projekts, weil ein Abbruch teurer wäre.“ Bei einem Ausstieg hätte man einen alten Bahnhof, sanierungsbedürftige Gleisanlagen und keine Anbindung der Neubaustrecken Wendlingen–Ulm. Ein Abbruch würde daher zu einem Zeitverzug von acht bis zehn Jahren führen.

Der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), kritisierte den Bahn-Aufsichtsrat scharf. „Der Beschluss ist ein Skandal“, sagte Hofreiter. „Das Zahlenwerk, das der Vorstand vorgelegt hat, wird rasch überholt sein.“ Dies werde die erneute Prüfung durch den Bundesrechnungshof ergeben, die in den nächsten Monaten vorgelegt werde. „Die Entscheidung wurde aus dem Kanzleramt gesteuert, weil Kanzlerin Merkel der Meinung ist, das Thema damit aus dem Wahlkampf heraushalten zu können – koste es, was es wolle.“

Die Alternativen seien günstiger und schneller, so Hofreiter. Auch eine Verknüpfung mit der Neubaustrecke wäre problemlos möglich. Die Aufsichtsräte hätten dem Unternehmen einen schweren wirtschaftlichen Schaden zugefügt. „Die Kostenrisiken wurden kleingerechnet und die Ausstiegskosten zu hoch angesetzt.“

„Ein Abbruch wäre teurer als der Weiterbau“

A. KIRCHNER, AUFSICHTSRATSVIZE

Die Bahn plant, den Stuttgarter Hauptbahnhof – ein Kopfbahnhof – durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu ersetzen. Dafür müssen Dutzende Kilometer neue Tunnel gegraben werden, was hohe Kostenrisiken verursacht. Zudem ist eine direkte Anbindung des Stuttgarter Flughafens an das ICE-Netz geplant. Auf dem Gelände des bisherigen Kopfbahnhofs und seines Gleisvorfelds soll ein neuer Stadtteil entstehen. Kritiker befürchten, dass dadurch viel Geld der Bahn für ein zweifelhaftes Immobilienprojekt in Stuttgart versenkt wird.

Die Grünen, die die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg anführen und den Stuttgarter Oberbürgermeister stellen, lehnen das Projekt als zu teuer und verkehrspolitisch sinnlos ab. Trotz massiver Proteste in Stuttgart hatte sich bei der Volksabstimmung in Baden-Württemberg im November 2011 eine Mehrheit für das Projekt ausgesprochen; damals war allerdings von geringeren Kosten die Rede als heute.

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