THEO SCHUSTER, OSTFRIESISCHER VERLEGER
: Der Sisyphus aus Leer

■ betreut unter anderem Texte des Bremer Instituts für niederdeutsche SpracheFoto: privat

Eigentlich ist er gar kein Ostfriese. Oder – vielleicht doch. Der Verleger und Volkspoesie-Herausgeber Theo Schuster aus Leer kann sich nicht recht entscheiden, welcher Gruppe er angehört: Der Vater stammte aus Ostfriesland, die Mutter aus Sachsen-Anhalt. „Ostfriesisch“, sagt er trocken, „ist nach Hochdeutsch und Englisch meine Drittsprache. In der Familie sprachen wir es nicht. Ich habe es auf der Straße gelernt.“ Zu Hause habe er eher Jiddisches mitbekommen: „Mein Großvater war Schlachter, und viele seiner Kollegen waren Juden. Mit Worten wie ‚Mischpoche‘ bin ich quasi aufgewachsen.“

Irgendwann damals muss Schusters Interesse an Dialekten gewachsen sein. Natürlich sei ein „Sensus für das Volkstümliche“ letztlich angeboren, sagt Schuster, der soeben den Leerer Wilhelmine-Siefke-Literaturpreis erhielt. Aber sein Herkommen habe ihn schon inspiriert. Zum Beispiel zur Edition von Dialekt-Platten, mit denen er in den 60ern seinen Verlag aufbaute. „Ich wollte alle deutschen Dialekte aufnehmen“, erinnert er sich. Hessisch, Bayerisch, Jiddisch und Ostfriesisch wurden ediert. Weiter gedieh das unrentable Unterfangen jedoch nicht.

Inzwischen ist sein Verlag auf ostfriesische Volkskunde und Regionalgeschichte spezialisiert. „Quasi um fünf nach zwölf“ habe er greisen Erzählern Geschichten abgelauscht, sagt er. Und sein Netzwerk funktioniert immer noch. Neulich suchte er nach einer bestimmten Geschichte – prompt vermittelte man ihm einen Fischer, der Bescheid wusste.

Schusters Interesse an Sprache reicht weit. Schon der Name lasse oft erahnen, „aus welchem Dorf jemand stammt und welchen Beruf er ausübt. Meist rate ich richtig“, sagt er fast stolz.

Dass ein so kleiner Verlag wie seiner „die reine Selbstausbeutung“ ist, weiß Schuster. Auch, dass sich immer weniger Menschen für ostfriesische Kultur interessieren. „Mittelfristig“, sagt er, „wird das Ostfriesische aussterben“. Eigentlich betreibt er also eine Sisyphus-Arbeit. Stört es ihn? „Nein“, sagt er munter. „Denn letztlich ist alles, was wir tun, vergänglich.“ Aber gerade im Bewusstsein des Scheiterns müsse man weitermachen. PS