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Archiv-Artikel

Radfahrer auf Schlingerkurs

WINTERDIENST Radler kritisieren verschneite Radwege. Laut BSR sind Privatfirmen schuld

„Warum sollten es Autos besser haben als Fahrräder?“

BENNO KOCH, EXFAHRRADBEAUFTRAGTER DES SENATS

Berliner Radfahrer kritisieren, dass die meisten Radwege in der Stadt nicht geräumt worden sind. „Es ist gefährlich, wenn die Radwege nicht genutzt werden können“, sagte die Berliner Vorsitzende des Fahrradvereins ADFC, Sarah Stark. „Offenbar werden die Radfahrer und ihre Wege im Winter nicht so wichtig genommen.“

Unterstützung bekommt der ADFC vom ehemaligen Fahrradbeauftragten des Senats, Benno Koch. „Ich bin gerade aus Potsdam-Babelsberg nach Berlin rein gefahren“, berichtet Koch, für dessen Aufgabe es noch keinen Nachfolger gibt. „Es war so gut wie nichts geräumt. Menschen werden für ihre Umweltfreundlichkeit regelrecht bestraft.“

Auch der Berliner Stadtreinigung (BSR) sind laut Sprecherin Sabine Thümler die nicht geräumten Fahrradwege aufgefallen. Deren Räumung sei aber ausnahmslos ausgeschrieben und an private Unternehmen vergeben worden. Diese seien ihren Pflichten nicht nachgekommen. „Wir haben die Firmen aufgefordert, die Radwege sauber zu machen“, sagte Thümler. „Wenn das nicht passiert, müssen die Firmen mit Vertragsstrafen rechnen.“ Entweder bekämen sie weniger Geld, im schlimmsten Fall werde ihnen gekündigt. Thümler rechnet allerdings nicht damit, dass es so weit komme: „Es sind alles namhafte Winterdienstfirmen.“ Dennoch würden die Radwege auch in den kommenden Tagen noch nicht vollständig geräumt sein.

„Die Ausrede mit den Subunternehmen bringt die Stadtreinigung immer wieder“, entgegnet die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling. „Es ist mir egal, was die BSR macht, aber die Radwege müssen geräumt werden. Ansonsten müssen ihr die Zuschüsse gekürzt werden oder der Winterdienst anders ausgeschrieben werden.“ Radexperte Koch fordert außerdem eine Änderung des Straßenreinigungsgesetzes. Demzufolge müssen Radwege zwar geräumt, aber nicht gestreut werden. „Es hilft nichts, wenn der Weg frei, aber glatt ist. Das ist dann sogar gefährlicher“, so Koch. „Warum sollten es Autos besser haben als Fahrräder?“

Unterdessen gab es nach Angaben der Polizei einen leichten Anstieg der Unfälle in der Stadt. „Es ist aber nicht dramatisch“, sagte ein Sprecher. „Auf den Straßen haben sich die Menschen gut dem Wetter angepasst.“ Auto- und Fahrradfahrer sollten weiterhin vorsichtig fahren, besonders in den Nebenstraßen sei es oft glatt. LALON SANDER