Gewerkschaft der Lehrer protestiert: Mehrarbeit durch die Hintertür

Berlins Lehrer fühlen sich betrogen. Der Umgang mit den Schülern wird immer härter. Jetzt sollen sie auch noch mehr arbeiten, schimpft die Gewerkschaft.

Berlins Oberlehrerin: Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD). Bild: dpa

Der Senat will nach Ansicht der Lehrergewerkschaft GEW durch die Hintertür die Arbeitszeit der Lehrer erhöhen. Die sogenannten Arbeitszeitkonten sollten abgeschafft werden, ohne dass es einen vollständigen Ausgleich gebe, kritisierte die GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt am Mittwoch. Seit 2003 arbeiten die Berliner Lehrer im Schnitt wöchentlich eine Stunde zu viel ohne dafür mehr Gehalt zu bekommen. Die Mehrarbeitsstunden sparen sie auf dem Arbeitszeitkonto an, um früher in den Ruhestand zu gehen.

Nach den Plänen der Senatsbildungsverwaltung sollen die Lehrer künftig bei gleichbleibender Stundenzahl keine freien Tage mehr ansparen dürfen. Dafür könnten sie ab dem 60. Lebensjahr eine Wochenstunde weniger unterrichten, erläuterte Baumgardt. Das könne die zuvor angesammelte Mehrarbeit aber bei weitem nicht ausgleichen.

Eigentlich, so Baumgardt, müssten alle Lehrer dann künftig auch eine Wochenstunde weniger arbeiten. So fielen keine Mehrarbeitsstunden mehr an, die Arbeitszeitkonten wären überflüssig. Eine solche Regelung jedoch würde den Senat laut GEW rund 50 Millionen Euro kosten. Neue Pädagogen müssten eingestellt werden. Deshalb habe die Senatsbildungsverwaltung abgelehnt.

Der Kompromissvorschlag der Lehrergewerkschaft sieht vor, dass Lehrer ab 55 Jahren eine Wochenstunde weniger unterrichten. Zusätzlich sollen jüngere Pädagogen weiter Stunden ansammeln. Diese könnten sie sich entweder auszahlen lassen, ihre Unterrichtszeit in den letzten drei Jahren vor dem Ruhestand noch einmal reduzieren oder - wie bisher - mehrere Wochen früher in Rente gehen. Auch das habe die Senatsbildungsverwaltung aber abgelehnt.

"Wir wehren uns dagegen, dass der Berliner Senat jetzt wieder einmal den Landeshaushalt auf dem Rücken der Lehrer sanieren will", erklärte der GEW-Abteilungsleiter für berufsbildende Schulen, Herbert Hannebaum. Nach der bisherigen Regelung wachsen die Arbeitszeitkonten der Lehrer jährlich um etwa 650 Lehrer an. Das entspreche einem Volumen von 32,5 Millionen Euro.

Die GEW will nun rechtliche Schritte gegen eine mögliche Entscheidung der Senatsbildungsverwaltung prüfen. Lehrer protestieren unter anderem mit Postkartenaktionen. Einen Streikaufruf aber werde es nicht geben. (dpa)

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