: Umstrittene Polizeiaktion gegen Drogenabhängige
GRIECHENLAND 130 Menschen werden in Athen in ein Polizeilager gebracht, registriert und untersucht
AUS ATHEN JANNIS PAPADIMITRIOU
Es war doch alles nur gut gemeint, hieß es hinterher: Auf Anweisung des Gesundheitsministeriums hat die griechische Polizei in der vergangenen Woche über 130 Drogenabhängige aus dem Großraum Athen – viele offenbar unter Täuschung oder gegen ihren Willen – in ein Polizeilager im Vorort Amygdaleza gebracht. Dort wurden sie registriert, medizinisch untersucht, verpflegt und nach wenigen Stunden wieder entlassen.
Die Polizeioperation blieb geheim, obwohl sie nach Angaben der Behörden rein humanitären Zwecken diente. Erst einen Tag später brachte die linksliberale Athener Zeitung der Redakteure den Fall ans Licht und löste damit eine heftige Debatte über die Befugnisse der Behörden aus.
Sämtliche NGOs, die sich für den Kampf gegen Drogen engagieren, sprechen von einem unerlaubten Polizeieingriff in altruistischer Verpackung. „Die Aktion verletzt die Menschenrechte der Betroffenen“, mahnt Charalambos Poulopoulos, Leiter der Drogenschutzorganisation Kethea. Für die Aids-Aktivistengruppe Act Up handelt es sich um einen rechtswidrigen Eingriff der Polizei, da keine Anklage vorliege. Auch die „Organisation gegen Drogen“ spricht sich gegen die Zwangsregistrierung Drogenabhängiger aus.
Die Ordnungshüter, die offenbar nur Amtshilfe für die Gesundheitsbehörden leisteten, sehen das anders: Erstmals würde die Antidrogenpolitik des Staates humanitäre Züge tragen und die medizinische Betreuung der Betroffenen mitberücksichtigen, hieß es in einer Stellungnahme der Polizei. Aus diesem Grund würden derartige Operationen fortgesetzt.
Die zuständige Planungsbehörde reagierte krasser: Es sei „unsittlich“, dass man interne Dokumente über die Operation ans Licht bringe, protestierte der Behördenchef in der Presse. Im Übrigen handele es sich um eine altruistische, ja sogar „heilige“ Aktion, wenn der Staat bedürftigen Personen ohne Krankenversicherung Erste Hilfe biete.
Die Athener Linksopposition spricht sogar von einer „Operation Auschwitz“. Besonnener gibt sich die konservative Zeitung Kathimerini. „Wer darf nach welchen Kriterien entscheiden, ob ein Bürger bedürftig oder potenziell gefährlich für die öffentliche Gesundheit ist und aus diesem Grund in Gewahrsam genommen wird?“, fragt ihr Leitartikler Nikos Xydakis.