: Das große Scheitern
VORTRAG James Robinson über Failed Nations
Warum sind einige Länder der Welt reich, andere arm? Diese simple Frage, die Hunderte von Zuhörern am Montagabend in die European School of Management and Technology am Berliner Schlossplatz trieb, gehört zu den grundlegendsten der Ökonomen überhaupt. Um sie zu beantworten, war der Harvard-Professor James A. Robinson, dessen Buch „Warum Nationen scheitern“ (S. Fischer 2013) nächste Woche auf Deutsch erscheint, nach Berlin gekommen.
„Man kann kein kurzes Buch über ein solches Thema schreiben“, entschuldigt sich Robinson für seine mit fast 600 Seiten recht lang geratene Antwort. Um dann in ungeheuren Tempo durch die Weltgeschichte zu hetzen: Über Südamerika, China, Europa und Sierra Leone redet er; über Kolonialismus, Apartheid und die industrielle Revolution. Mit Kolumbus beginnt er, mit der Eurokrise hört er auf.
Viele Ökonomen, kritisiert Robinson, suchten die Gründe für Wohlstand und Armut in der Geografie oder der Kultur eines Landes. So seien es entweder Bodenschätze oder kulturelle Faktoren wie die protestantische Ethik, die wirtschaftliches Wachstum förderten. Alles Schwachsinn, meint Robinson. Für ihn und seinen Koautoren, den Wirtschaftsprofessor Daron Acemoglu, steht fest: „It’s about politics.“
Was zunächst banal klingt, ist die Kernthese: Die politischen Institutionen eines Landes entscheiden über seinen Wohlstand. Welchen Weg eine Gesellschaft geht, wird dabei von ihrer Geschichte beeinflusst, von über Jahrhunderte gewachsenen „Institutionsmustern“, die im besten Fall Anreize schaffen, sich wirtschaftlich zu engagieren. Das erklärt die Fülle an historischen Informationen in dem Buch. Es geht den Autoren nicht nur um die ganze Welt, sondern ebenso um die ganze Geschichte.
Natürlich schreien dieser umfassende Anspruch und die gewählte Methode nach Kritik. Statt detailgenauer Statistiken wählen sie einen breiten und notwendigerweise oberflächlichen historischen Vergleich. Und können institutionelle Muster tatsächlich alles erklären? Wo kommen die Machtverhältnisse, die auf kulturellen, rassistischen, geschlechts- oder klassenbezogenen Merkmalen beruhen, ins Spiel? Diese unangenehmen Fragen ersparten die Zuhörer dem Professor am Montag.
Am Ende gingen sie mit einer optimistisch stimmenden Einsicht nach Hause. Dass alles letztendlich von der Politik abhängt, so Robinson, gelte auch für die Eurokrise, die Finanzmärkte. „Was getan werden muss“, schreibt er, „ist kein großes Geheimnis, doch es kommt darauf an, den geeigneten politischen Weg zu finden.“ – „Alles ist also man made“, fasste eine Zuhörerin zusammen. JANNIS HAGMANN