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Archiv-Artikel

Ausnahme soll Norm werden – vielleicht

INTEGRATION Versuchsweise bringt Niedersachsen Kinder mit Behinderung in regulären Kitas unter. Damit setzt das Land um, was seit langem geltendes Recht ist: die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Von GRÄ
Dass das Land nun zumindest einen Anlauf unternimmt, begrüßt auch die Opposition

In diesem Monat beginnt in Niedersachsen ein Modellversuch, Krippenplätze für behinderte Kinder in Regel-Kitas einzurichten. Für jedes Kind mit Behinderung erhalten die Einrichtungen eine Pauschale von 1.400 Euro pro Monat, um stundenweise eine heilpädagogische Fachkraft zu finanzieren.

Für „mittendrin“, den hannoverschen Verein für die Integration von Menschen mit Behinderung, wird damit schlicht geltendes Recht endlich umgesetzt: sei es die Forderung des Sozialgesetzbuchs nach gleichberechtigter Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, sei es das landeseigene Gesetz über Tageseinrichtungen. Dieses sieht vor, dass die Einrichtungen den Umgang von behinderten und nicht behinderten Kindern fördern.

Davon war bisher wenig zu spüren. Immer wieder wurden Eltern behinderter Kinder von den Behörden damit abgefertigt, dass es in Niedersachsen integrative Krippenbetreuung nicht gebe, weil die Regelungen zur Organisation und Finanzierung fehlten. Ausnahmeeinrichtungen, etwa die Krabbelgruppe „Die Kurzen“ in Hannover, die Kleinkinder mit Behinderung einzelintegrativ betreuen, fanden Sonderregelungen mit den zuständigen Ämtern vor Ort.

Dass Niedersachsen, das in Sachen Integration gerade im Schulbereich wenig Punkte für sich verbuchen kann, nun zumindest im Kitabereich einen Anlauf unternimmt, begrüßt auch die Opposition. Den Modellversuch von Sozialministerin Ross-Luttmann (CDU) nennt die kinderpolitische Sprecherin der Grünen, Miriam Staudte, einen „ersten zaghaften Schritt in die richtige Richtung“. Kinder mit Behinderung bekämen durch die gemeinsame Krippe „die Möglichkeit, so normal wie möglich aufzuwachsen“ – nicht abgetrennt in dezentralen Fördereinrichtungen, sondern dort, wo sie sich auch verabreden können.

Kritik übt Staudte jedoch am zweijährigen Versuch: „Die Einrichtungen brauchen Planungssicherheit.“ GRÄ