: Namen ohne Mannschaft
Real Madrid entlässt mal wieder seinen Trainer. Auch der Brasilianer Vanderlei Luxemburgo ist daran gescheitert, dass die Mannschaft weniger galaktisch als vielmehr untrainierbar ist
AUS MADRID REINER WANDLER
Der härteste Trainerstuhl der spanischen Liga ist wieder einmal frei. Am späten Sonntagabend entließ Real Madrid Vanderlei Luxemburgo. „Wir mussten die Wende einleiten, denn wir konnten es nicht zulassen, dass unsere Fans weiter leiden“, erklärte Vizepräsident Emilio Butrageño den Schritt. Luxe, wie der 53-jährige Brasilianer liebevoll genannt wurde, als man ihm noch zutraute, die Königlichen erneut zu Titeln führen zu können, war nicht einmal ganz ein Jahr Coach der Weißen.
In den letzten Wochen pfiffen die Zuschauer ihren Luxe nur noch aus – und so war es die Chronik eines angekündigten Rauswurfs. Zwar versprach er immer wieder, sein Real Madrid sei dieses Jahr Anwärter auf alle drei Titel, also Champions League, Primera División und Pokal. Doch die Leistung auf dem Rasen sprach eine andere Sprache. Die Weißen stehen auf Platzt drei der Tabelle, sechs Punkte hinter dem FC Barcelona.
Der ganz große Einbruch kam vor zwei Wochen, als die Weißen zu Hause mit 0:3 gegen den Erzrivalen Barça verloren. Am Ende standen die Real-Fans im Bernabeu auf und applaudierten dem Gegner. Der FC Barcelona hatte das gezeigt, was die „Galaktischen“ um Zidane, Raul, Beckham und Ronaldo einmal mehr schuldig blieben: kreativen Angriffsfußball. Nun besiegelte ein Unentschieden bei San Sebastián und ein mit Hängen und Würgen erzieltes 1:0 gegen Getafe, die von Bernd Schuster trainierten Madrider Vorstädter, am vergangenen Spieltag das Schicksal von Luxemburgo.
Die Taktik des Brasilianers hatte von Anfang an keinen Gefallen gefunden. Sein vollständig auf Konter ausgerichtetes System, das den Weg zum Tor immer durch die Mitte sucht, ist nicht das, was die Fans der Königlichen sehen wollen. Sie wünschen sich Angriffsfußball, gutes Spektakel ist ihnen fast noch wichtiger als der Sieg. Genau das hat Luxemburgo nie verstanden.
Doch die Krise von Real geht tiefer als die des nun ehemaligen Trainers. Das von Vereinspräsident Florentino Pérez begründete Konzept „Galácticos“, das Jahr für Jahr die großen Namen nach Madrid brachte, scheint endgültig gescheitert. Mit Spielern wie Luis Figo, der mittlerweile bei Inter Mailand spielt, Zidane, Ronaldo oder Beckham wollte Pérez an die glorreichen Zeiten von Santiago Bernabeu anknüpfen, der einst ebenfalls die Besten aus Europa zusammenkauft und mit ihnen einen Europapokal nach dem anderen gewonnen hatte. Doch bei Pérez will das einfach nicht gelingen. Im vergangenen Jahr scheiterte Real im Achtelfinale der Champions League, auch in der Primera División reichte es nur für Platz zwei, im Pokal eliminierte gar ein Zweitligist die Königlichen. „Real hat große Namen, aber keine Mannschaft“, schimpfen die Anhänger. In der Tat ist seit vier Jahren kein Spieler aus der eigenen Jugend mehr in die erste Mannschaft aufgerückt. Außerdem vernachlässigte Pérez die „Mittelklasse“, in dem er wichtige und von den Fans geliebte Spieler wie McManaman, Morientes, Makelele oder Solari verkaufte. Sie seien zu teuer für ihre Leistung, ließ Pérez wissen, dass sie das Rückgrat der Mannschaft darstellten, übersah der Präsident.
Auch bei den Trainern hatte der Vorstand keine glückliche Hand. Nach der Saison 2002/ 2003 wurde Vicente del Bosque entlassen, was landesweit auf Missverständnis stieß. Schließlich hatte Del Bosque einmal mehr die Meisterschaft gewonnen, doch das verlorene Halbfinale in der Champions League gegen Juventus Turin wog bei den Cluboberen offenbar schwerer. Der Trainer, der aus den eigenen Reihen kam, böte kein „Bild der Modernität“, sagten sie. Da half auch die Erfolgsbilanz – zwei Europapokalsiege, zwei Meistertitel sowie der Gewinn des Interkontinental-Cups in nur vier Jahren – nichts. Del Bosque musste gehen – und keiner seiner vier Nachfolger bekam die Mannschaft in den Griff.
Jetzt übernimmt Juan Ramón López Caro, der Trainer der zweiten Mannschaft, die Galaktischen, zumindest vorübergehend. Eine endgültige Lösung will der Vorstand mit Ruhe suchen. Im Gespräch seien Arsène Wenger (FC Arsenal), Fabio Capello (Juventus Turin) sowie José Mourinho vom FC Chelsea. Wenn es nach den Fans ginge, käme Vicente del Bosque zurück.