: David Cameron neuer Tory-Chef
Die britischen Konservativen wählen mit klarer Mehrheit ihren Spitzenkandidaten für die Wahlen 2009. In vielen Positionen steht er denen von Regierungschef Tony Blair nahe
DUBLIN taz ■ Noch vor zwei Monaten war er krasser Außenseiter. Gestern wählten ihn die 250.000 Mitglieder der britischen Konservativen zum neuen Tory-Chef. David Cameron erhielt mehr als doppelt so viele Stimmen wie sein Gegner David Davies vom rechten Parteiflügel. Der 39-jährige Cameron ist der vierte Parteiführer in acht Jahren. Und er will alles anders machen.
Er spricht von „Freiheit und Verantwortung“ und fordert, dass die Tories modernisiert werden müssen. Er stellt weniger das Tory-Paradethema „Recht und Ordnung“ in den Mittelpunkt, sondern zum Beispiel Klimaveränderungen. Bei allem bleibt er aber sehr vage. Im Grunde klingt er wie Premierminister Tony Blair.
Und den lobt er auch ständig für seine „guten Absichten“, hält ihn jedoch für verbraucht und ineffektiv. „Bei vielen Themen schlägt die Regierung Maßnahmen vor, die wir Konservative schon lange gefordert haben“, sagte Cameron. „Es wäre töricht, wenn wir dagegen opponierten.“ Etwa bei der Reform der Renten, des Bildungssektors und des Gesundheitswesens stimmt er mit Blair zumindest verbal überein – im Gegensatz zum Schatzkanzler Gordon Brown. Mit dieser Taktik will Cameron einen Keil zwischen Blair und dessen designierten Nachfolger Brown treiben. Schließlich ist Brown sein Gegner bei den nächsten Wahlen 2009.
Camerons Stärken sind sein Charisma, er ist ein guter Redner, er ist jung, telegen und symbolisiert einen Neuanfang. Zwar war er enger Berater der letzten drei Tory-Chefs, aber die Wähler verbinden ihn nicht mit den Torheiten der Tory-Politik der vergangenen zehn Jahre.
Cameron setzt sich für mehr Tory-Abgeordnete aus ethnischen Minderheiten und für mehr Frauen in der Parteiführung ein. Die älteren Parteimitglieder hören das mit Argwohn, aber sie wissen, dass sie nur mit einem Blair-Klon wie Cameron eine Chance haben, dorthin zu gelangen, wo sie ihrer Meinung nach hingehören: an die Regierung. Umfragen haben ergeben, dass Cameron gegen Blair gewinnen, aber gegen Brown unterliegen würde, wären heute Wahlen und nicht in vier Jahren.
Camerons Vorgänger William Hague, Iain Duncan Smith und Michael Howard waren mit ähnlicher Rhetorik wie Cameron angetreten. Sie wollten den Tories neue Wählerschichten erschließen. Als das misslang und ihnen auch noch die Stammwähler davonliefen, schwenkten sie geschwind wieder nach rechts. Angesichts seines überzeugenden Siegs könnte Cameron nun bessere Chancen haben, seine Reformen auch durchzusetzen.
RALF SOTSCHECK