piwik no script img

Archiv-Artikel

Union stoppt Arzneimittelgesetz

Eigentlich sollte das Kabinett heute über einen Gesetzentwurf von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt verhandeln. Doch die Union ist damit nicht einverstanden. Die Pläne der SPD-Politikerin gehen ihr zu weit. Jetzt wird erst mal verhandelt

von SABINE AM ORDE

Zum zweiten Mal in der bislang recht kurzen Geschichte der großen Koalition sorgt Ulla Schmidt für Ärger. Nachdem die SPD-Gesundheitsministerin den Koalitionspartner bereits mit ihren Reformvorschlägen in Sachen Arzthonorare gegen sich aufgebracht hat, ist es jetzt ein Gesetzentwurf zur Kostensenkung bei den Arzneimitteln. Und es scheint, als hätte sich die Union dabei zumindest kurzfristig durchgesetzt. Anders als von der Ministerin geplant, wird das Kabinett ihren Entwurf heute nicht behandeln. Das bestätigte gestern eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Die Unionspolitiker sind aus zwei Gründen über Schmidt verärgert: Die Ministerin, so heißt es, habe den Koalitionspartner zu spät in die Planung einbezogen. Zudem entsprächen einige Passagen nicht dem Koalitionsvertrag. Schmidt weist diese Vorwürfe zurück. Der Entwurf sei mit dem Koalitionspartner „abgestimmt“, so ihre Sprecherin. Er soll jetzt als „Formulierungshilfe“ für die Fraktionen dienen, die einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen werden.

Besonders drei Passagen stoßen bei der Union auf Kritik: Schmidt will die Preise für alle verschreibungspflichtigen Medikamente bis Ende 2008 einfrieren. Schwarz-Rot hatte aber lediglich einen Preisstopp für zwei Jahre verabredet. Wenn das Gesetz wie geplant am 1. April in Kraft tritt, wären die Preise aber deutlich länger festgeschrieben.

Die Senkung der Preise für diejenigen patentgeschützten Arzneimittel, die in so genannten Festbetragsgruppen eingeordnet sind, ist ebenfalls strittig. Der Festbetrag ist die Obergrenze, die die Krankenkassen für ein Medikament aus dieser Gruppe erstatten. Auch mit dem Vorhaben, dass Pharmafirmen die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Januar 2007 nicht an die Verbraucher weitergeben dürfen, hat die Union Schwierigkeiten.

Der Gesetzentwurf verbietet zudem die so genannten Naturalrabatte der Pharmaindustrie an die Apotheker. Und bei Generika, den Nachahmerpräparaten, soll der Preis um fünf Prozent gesenkt werden.

Die Maßnahmen sollen insgesamt Einsparungen von jährlich zwei Milliarden Euro für die Krankenkassen bringen. In den ersten neun Monaten diesen Jahres sind die Ausgaben für Medikamente im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen, für das ganze Jahr entspricht das fast vier Milliarden Euro.

Die Koalition will das Arzneimittelgesetz einer großen Finanzreform im Gesundheitswesen vorschalten. Diese soll in der ersten Hälfte des kommenden Jahres erarbeitet werden. Sie könnte für die große Koalition zu einer Zerreißprobe werden.