: Schneeball-Flashmob mit Techno zum Wärmen
SCHNEEGESTÖBER (6) Hunderte Facebook-User strömen zur Schneeballschlacht mit Musik, Glühwein und Würstchen auf den Teufelsberg
So viel Winter war selten. Doch wo herrschen die besten Bedingungen, um Schnee und Eis vollendet zu genießen? Die taz testet täglich Berlins Ski-, Eis- und Rodelgebiete. Heute: Riesenschneeballschlacht am Fuß des Teufelsbergs
■ Schneequalität: Tut kaum weh.
■ Pistenqualität: Schlecht, weil abschüssig: Die oben sind klar im Vorteil.
■ Konkurrenz: Laut Initiator 400 Personen; auf dem Berg hätten es weit mehr werden können.
■ Après-Ski-Potenzial: Tanz, Freigetränke und Feuerwerk, bis auch dem Standhaftesten zu kalt ist.
Der Mann vom RBB ist verwirrt. „Gehört ihr zu dieser Facebook-Truppe?“, fragt er und sieht über den Parkplatz am Fuß des Teufelsberges. „Das ist total doof gemacht, die sollten auf dem Berg sein, und jetzt sind alle überall verteilt“, beschwert er sich.
„Die“ sind 1.250 Facebook-Nutzer, die sich online für Samstag zur Schneeballschlacht verabredet haben. Eine Idee, die schnell Schule gemacht hat: Ebenfalls am Samstag traf sich ein weiterer Schneeball-Flashmob im Mauerpark, für Sonntag verabredeten sich rund 300 Facebooker im Görlitzer Park, wo Kreuzberger gegen Neuköllner zum Kampf antraten.
Auf dem Teufelsberg wandert eine Karawane schneeballhungriger Ausflügler, der online verbreiteten Aufforderung folgend, auf das Drachenfliegerplateau. Mehrere Musikanlagen auf Rädern werden tanzend durch den Schnee gezerrt und oben zur Wagenburg gruppiert. Nicht weit davon entfernt zündet jemand eine Rauchbombe. Sofort ist ein Mob zur Stelle, der sich, die Kapuzen tief im Gesicht, mit Schneebällen und Eisbrocken bewaffnet. Doch es bleibt bei Scharmützeln.
Westlich des kleinen Trümmerbergs stürzen sich Schneebegeisterte den Hang hinunter. Pappkartons, Serviertabletts, Skateboards ohne Rollen und ein Gummiboot kommen die Pisten hinabgeschossen. Am Ende einer zweiten Bahn landen die Rutschenden mitten in der Facebook-Schneeballschlacht. Statt auf dem Berg findet sie gut versteckt mitten im Wald statt.
In Dreierreihen stehen die KriegerInnen sich gegenüber. Ein paar Dutzend auf jeder Seite. Sie sind schwer vermummt und angriffslustig. „Alle auf den in der blauen Jacke“, heißt es. Dann bricht Kriegsgeheul aus, und die zwei Horden preschen aufeinander los. Ein Schneeballhagel durchsiebt die Luft. Den jungen Mann in der blauen Jacke erwischt es schwer. Er liegt am Boden, während die gegnerische Mannschaft mit großer Begeisterung seine Kleidung mit Schnee ausstopft. Dann trennen sich die Gruppen, laden nach und gehen wieder aufeinander los. Immer wieder.
Die erste Einladung zu dem Treffen schickte der 27-jährige Alexander Günzel am vorigen Mittwoch los. Er sagt: „Das war als ganz kleine Sache gedacht, so 20, 30 Leute vielleicht.“ Doch Freunde und Freundesfreunde ließen die Zahl der Anmeldungen explodieren. „Und jeder trägt was zum Ergebnis bei“, freut sich Günzel. Es gibt Musik, kostenlosen Glühwein und Gratiswürstchen. 400 von den 1.250 angemeldeten Facebook-Nutzern haben es laut Günzel den Tag über hierher geschafft. Bei denen, die die Schneeballschlacht nicht gefunden haben, entschuldigt er sich mit den Worten: „Wir konnten nicht auf dem Berg bleiben, da hat uns der Wind alles weggeblasen.“
Oben auf dem Berg gibt man derweil die Suche nach der Schneeballschlacht auf. Wie die Pinguine drängen sich die Tanzenden in der Techno-Wagenburg auf dem sturmumtosten Plateau zusammen. Schnee bedeckt die Rücken derer am Rand des Kreises, in der Mitte ist die Stimmung auf dem Höhepunkt. Die Umeinanderhüpfenden wärmen sich an Wunderkerzen. „Wer nicht tanzt, der friert“, grinst die 23-jährige Anne. Erst lange nach Sonnenuntergang ziehen die Raver ab. MARTIN SCHWARZBECK