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Archiv-Artikel

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Theaterstücke, die wie Computerspiele funktionieren? Die Performer der Gruppe machina eX haben hier schon länger theatralische Pionierarbeit geleistet und als eine der ersten überhaupt mit Formen und Ästhetiken von Computerspielen auf dem Theater experimentiert. „Hedge Knights“ heißt ihr neues Analoggame, das am Freitag im HAU 3 herauskommen wird. Das Ganze spielt in der Finanzwelt, wo es auch nicht anders als im Casino zugeht, die Grenzen zwischen echt und unecht, Scheinwerten und realem Geld längst abhanden kamen. Bloß der dumme Sparer wird sein Geld immer noch wirklich los. Im Zentrum des machina-eX-Projekts stehen der Hedgefondsmanager August Mohr, eine Unternehmerin, deren Firma ins Trudeln geriet, und eine Investmentbankerin. Alle drei verspielen im Strudel von Risiko und Rendite ihre Sicherheiten. Und wir, die Zuschauer, sind mittendrin. (HAU 3 „Hedge Knights“, 22.–28. 3. 19 Uhr und 21 Uhr, außer 25. 3.)

Mittendrin ist bereits das Festival Internationale Neue Dramatik an der Schaubühne, F.I.N.D abgekürzt. Seit vergangenem Wochenende gibt es da neues vom internationalen Stückemarkt. Highlight in dieser Woche ist das Abschlussgastspiel des Festivals vom Budapester Proton-Theater mit Kornél Mundruczkos „Frankenstein-Projekt“ am Samstag und Sonntag. Mundruczko ist berühmt und manchmal auch berüchtigt für ein krudes, die Grenzen auslotendes Theater, das seinen Zuschauern wenig erspart, sie dafür manchmal an die kaum erträglichen Ränder gesellschaftlicher Wirklichkeiten zu stoßen vermag. (Schaubühne: F.I.N.D, bis Sonntag. Alle Infos unter www.schaubuehne.de)

In der Volksbühne heißt es mal wieder „Die Russen kommen!“ Denn Altmeister Frank Castorf schlägt wieder mit einer Tschechow-Bearbeitung zu. „Das Duell“ ist die Angelegenheit überschrieben. So nämlich heißt der visionäre Kurzroman von Anton Tschechow, dem der Stoff entstammt. Castorfs Lesart zufolge sind hier schon die totalitären Selektionsgedanken und Lager vorausgedacht. Und zwar anhand der Geschichte von zwei Zoologen im Kaukasus, die sich der Embryologie der Quallen verschrieben haben. (Volksbühne: „Das Duell“, ab 27. 3., 19.30 Uhr)

Eine weitere Prosaadaption steht als Uraufführung auf dem Spielplan des Potsdamer Hans Otto Theaters. Und zwar Barbara Bürks Inszenierung eines Stoffs von Eduard von Keyserling. Sein Roman „Wellen“ erschien zuerst 1911 und führt in die untergegangene Welt adeliger Sommerfrische und zu einem fast vergessenen Autor, der vielleicht eine Art deutscher Tschechow war. (Hans Otto Theater Potsdam. „Wellen“, ab 22. 3., 19.30 Uhr)