Recht auf Unerreichbarkeit: Jetzt ohne Bling
Nix mehr bling, bling, bling. Die neue Arbeitgebergeneration kümmert sich. Das Recht auf Feierabend steht nun im BMW-Arbeitsvertrag.
Damals, im Zeitalter ohne mobiles Internet, saß der fleißige Angestellte nach dem Bling der Büroglocke ungestört zu Hause, egal was danach noch passierte. Heute, etwa sieben Jahre später, ist das Bling des Smartphones zum Sklaventreiber einer neuen Arbeitnehmergeneration mutiert.
Auf dem Laufband im Fitnessstudio, sonntagmorgens im Bett und sogar während der „Sportschau“ kann es uns erwischen – das Bling infiltriert die Freizeit mit wichtigen Nachrichten des Arbeitgebers.
Dem fühlen wir uns tief verbunden, dank Mitarbeiterprogrammen. Wir klettern gemeinsam, zittern im Hochseilgarten – wir sind wie Freunde, und für einen Freund ist man immer erreichbar: „Ruf mich jederzeit an.“ – „Quatsch, du störst nie.“
Lange hat der Arbeitgeber für diese Privilegien gekämpft und nutzte sie dann fröhlich – ohne Bezahlung. Aber kein Problem, es ist ja schon besonders, sich gebraucht und wichtig, verantwortlich und unentbehrlich zu fühlen. Bling, bling, bling.
Unzählige Burn-outs später erkennt auch BMW: Manchmal braucht auch ein Freund seine Ruhe und ermöglicht seinen Angestellten jetzt wieder Feierabende ohne Bling – nach Vereinbarung mit dem Vorgesetzten, so BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch. Das bedeutet: keine beruflichen E-Mails nach Büroschluss, keine Anrufe, nicht einmal SMS – außer, sie wollen es so.
Für diesen Fall gibt es ein Suchtprogramm namens „Mobilarbeitszeit“, welche die täglichen Blings in Urlaubszeit bündelt. Der zusätzliche Urlaub ist beispielsweise zur Burn-out-Behandlung sehr nützlich. Auch die neue Arbeitgebergeneration kümmert sich, eben wie ein echter Freund.
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