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Archiv-Artikel

Sozialdemokrat für Kroatien

Josipović hat Kroatien zwischen den bürgerlich-demokratischen Wählern der Städte und der ländlich-konservativen Bevölkerung polarisiert

Eigentlich habe Ivo Josipović ein Gesicht, das man sich nicht merken könne, sagte kürzlich ein kroatischer Journalist in privater Runde. Der leise und zurückhaltend auftretende 53-jährige Sozialdemokrat hat jedoch zielstrebig und intelligent Wahlkampf geführt. Mit 60,3 Prozent der Stimmen ließ er seinen Gegenkandidaten Milan Bandić hinter sich. Ab dem 18. Februar, nach der Vereidigung, kann er seine Wahlversprechen einlösen.

Der in Zagreb geborene Josipović ist ein Repräsentant des bürgerlich linken Lagers. Der Rechtswissenschaftler und Komponist stellt sich als verantwortungsbewusster Politiker dar, der die sozialen Missstände in der Gesellschaft verändern möchte. Vor allem hat er sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben. Er möchte das Rechtssystem in Kroatien erneuern. Und er hat ein Händchen für die Kultur. Seine Kompositionen wurden mit Preisen überhäuft.

Seit 1984 lehrt er an der Universität in Zagreb Strafprozessrecht und Internationales Strafrecht. Forschungsaufenthalte führten ihn nach Graz, Deutschland und an die Yale University in den USA. Als Anwalt war er beim Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen in Den Haag tätig. Der Europarat übertrug ihm die Aufgabe, ukrainische, mongolische und aserbaidschanische Gefängnisse zu überprüfen.

Seine politische Laufbahn verlief geradlinig, aber nicht immer zum Gefallen seiner Partei. In den Achtzigerjahren Mitglied des Kommunistischen Bundes, war er einer der treibenden Kräfte, die ein demokratisches Statut für die nachfolgende SDP, die Sozialdemokratische Partei, ausarbeiteten. 1994 verließ er die SDP. Seit 2003 gehörte er dem Parlament als Unabhängiger an. Im August 2008 kehrte er in die SDP zurück und wurde im Juli 2009 als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen nominiert.

„Ja zu Recht und Gerechtigkeit“ ist die Parole, mit der er seinen Wahlkampf bestritt. Vor allem in Zagreb hängte er Bandić, immerhin Bürgermeister der Stadt, deutlich ab. Doch bei der ländlichen Bevölkerung und bei den Exilkroaten hatte er kaum Chancen. Er hat Kroatien zwischen den bürgerlich-demokratischen Wählern der Städte und der ländlich-konservativen Bevölkerung polarisiert. Und gewonnen. ERICH RATHFELDER

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