: Eine großzügige Geste
KLASSISCHE MODERNE Das Sammlerpaar Heiner und Ulla Pietzsch schenkt den Staatlichen Museen zu Berlin 60 Kunstwerke
Die gute Nachricht gabs zum Schluss. Am Sonntag ging in der Neuen Nationalgalerie die Ausstellung „Bilderträume“ zu Ende. 190.000 Besucher zählte die Schau seit ihrer Eröffnung im Juni letzten Jahres. Viele der gezeigten Arbeiten – der Schwerpunkt liegt bei den Surrealisten und Abstrakten Expressionisten – werden dem Haus erhalten bleiben. Denn wie am Wochenende bekannt wurde, hat sich das Sammlerpaar Heiner und Ulla Pietzsch entschlossen, 60 Meisterwerke aus der 180 Bilder unfassenden Schau der Neuen Nationalgalerie als Schenkung zu überlassen: Gemälde und Plastiken von Max Ernst, Réne Magritte, Joan Miró, Salvador Dalí oder Jackson Pollock und Ad Reinhard, um nur die wichtigsten Namen zu nennen.
Es ist ein gewichtiges Geschenk an die Staatlichen Museen zu Berlin, handelt es sich doch um eine profilierte Sammlung Kunst der Klassischen Moderne. Das ist der seltenere Fall im gegenwärtigen Sammlerbetrieb, der sich hauptsächlich auf das Zeitgenössische konzentriert. Der Hausheilige des Paares ist Max Ernst, den Heiner und Ulla Pietzsch Anfang der 70er Jahre persönlich kennenlernten. Der besondere Charakter der Sammlung aber, die sich mit ihren Surrealisten aufs Beste mit der vor zwei Jahren nach Berlin gekommenen Sammlung Scherf-Gerstenberg ergänzt, liegt in den frühen Arbeiten von Künstlern wie Mark Rothko, Jackson Pollock, Barnett Newman oder Ad Reinhard. Denn damit sieht man die jungen, noch suchenden Künstler der New Yorker School der 40er und 50er Jahre plötzlich in einem ebenso überraschenden wie erhellenden Dialog mit den aufgrund des Zweiten Weltkriegs in die USA immigrierten europäischen Künstlern. Auf wohl einmalige Weise wird deren Einfluss auf die nachfolgende amerikanische Künstlergeneration in der Sammlung Pietzsch deutlich.
Lange Zeit war die beengte Neue Nationalgalerie am Kulturforum am Potsdamer Platz als Berliner Haus der klassischen Moderne keine Option für Heiner und Ulla Pietzsch, obwohl das kinderlose Paar seine Schätze gerne mit der Öffentlichkeit teilen wollte. Lange Zeit machte sich deshalb auch Dresden, Heiner Pietzschs Geburtsort, Hoffnungen auf die Sammlung. Um so schöner, dass nun doch Berlin am Zug ist. Und das, obwohl die von Heiner Pietzsch unterstützte Idee einer Rochade der Gemäldegalerie auf die Museumsinsel, womit ein großes Haus für die Kunst der Klassischen Moderne frei würde, momentan aufgrund mangelnder Finanzen auf Eis gelegt ist. Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie, wird die Idee einer Erweiterung des Mies-van-der-Rohe-Baus populär machen müssen. BRIGITTE WERNEBURG