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Fahrgäste zurückbleiben, bitte!

Die Metro-Linien bei Bussen und Bahnen sind ein Jahr alt. Ein Anlass zum Feiern besteht aus Sicht der Grünen nicht. Ältere, Kranke und Dauerkarten-InhaberInnen kämen trotz steigender BVG-Einnahmen noch immer schlecht weg

Als die rund 7.000 Haltestellen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vor einem Jahr neue Fahrpläne bekamen, waren viele KundInnen verwirrt, manche wütend. Abgehängte Stationen, unverständliche Streckenführungen und weniger Angebote in eh schon abgelegenen Gebieten – das waren einige der Vorwürfe. Heute werden die so genannten Metro-Linien bei Trams und Bussen ein Jahr alt. Die Bilanz der Grünen fällt durchwachsen aus. Die Kritik der Fahrgäste habe die BVG-Führung kaum umgesetzt.

„Noch immer sind die Fahrpläne von S-Bahn und Metro-Linien nicht aufeinander abgestimmt“, sagt das Grünen-Abgeordnetenhausmitglied Claudia Hämmerling. „Wer nachts nur eine Minute zum Umsteigen hat, muss schon sehr sportlich sein.“

Insbesondere im Osten der Stadt hätte die Einführung der Metro-Linien die Verkehrslage eher verschlechtert. gerade für ältere BürgerInnen, die auf einen reibungslosen Transport angewiesen sind. „Von der Fischerinsel kommen viele Ältere nicht mehr direkt zur Charité“, sagt die Verkehrspolitikerin.

Auch die Behandlung vieler Kranker sei ein Hohn. „Ausgerechnet am Königin-Elisabeth-Herzberge-Krankenhaus verkehren keine behindertengerechten Bahnen.“ Das Lichtenberger Hospital bietet rund 600 Behandlungsplätze. Nicht ersichtlich findet die Grünen-Politikerin auch, warum die Metro-Tram M 2 nur halb so oft Weißensee passiere wie ihre Vorgänger-Bahn.

Lob findet die Grüne für die M 41. Die Bus-Linie verkehrt zwischen der Sonnenallee und dem Tiergarten. „Die City ist damit von Neukölln aus gut zu erreichen.“

Abseits von Einzelfällen kritisiert Hämmerling vor allem die Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr. Selbst die treuesten KundInnen hätten die Verantwortlichen mit den Tarifänderungen beim Jobticket vergrault – die PendlerInnen. „Wer den Rabatt bei Firmentickets von maximal 15 auf 5 Prozent senkt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die KundInnen abwandern“, urteilt Hämmerling. Selbst in der Grünen-Abgeordnetenhausfraktion sind schon mehrere ParlamentarierInnen umgestiegen. Aber laut Hämmerling ganz ökologisch von der Bahn aufs Rad.

Die BVG wollte mit ihrer Umstellung 2 Prozent ihrer so genannten Nutzwagenkilometer sparen. Der Berliner Fahrgastverband Igeb und die Grünen schätzen die Einsparungen deutlich höher ein. Aus Sicht Hämmerlings wäre das ein klarer Vertragsbruch. Für weniger Angebot müsse das Unternehmen auch weniger Geld erhalten.

Während die BVG sich den diesjährigen Fahrgäste-Zuwachs um 10 Millionen auf ihre Fahnen schreibt, sieht Hämmerling das anders. „Vor allem der Tourismus-Boom hat zu diesem Plus geführt, nicht die Metro-Linien.“ Die Mehreinnahmen seien höheren Fahrpreisen geschuldet. Zum 1. August wurden die Preise für Einzel- und Dauer-Fahrkarten zum bislang letzten Mal erhöht. Aus Hämmerlings Sicht hilft nur eines, um die BerlinerInnen zufriedener mit ihrem Nahverkehrsangebot zu machen: „Die Fahrpreise müssen sinken.“MATTHIAS LOHRE

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