PETER UNFRIED über CHARTS
: Die Liebe der Leitartikler

Vollweiber im Merkel-Land (II): Die Schauspielerin Christine Neubauer wird stilbildend für unser modernes Frauenbild

Merkel, Christiansen und Friede Springer sind unser Triumfeminat. Uschi von der L. ist die „engelsgleich Anmutende“ (FAS). Aber es gibt noch mehr patente Vollweiber in Merkel-Land, die wichtig werden. Heute: Christine Neubauer, Fernsehschauspielerin in gesellschaftsunkritischen Komödien.

Ich weiß schon, dass ich noch nicht über Christine Neubauer schreiben sollte. Weil: Das wird mir sicher negativ ausgelegt werden. Gewinnen kann man damit nichts. Und zwar weder beruflich und schon gar nicht privat. Nicht mal eine Feuilletondebatte kann man damit anzetteln. Also allenthalben nur Misstrauen: Was will er denn mit der Neubauer? Welche verschlüsselte Botschaft steckt da wieder dahinter? Oder steht er auf dieeee?

Ich stehe, um das klar zu sagen, auf Diego Fernando Klimowicz, was hier nichts zur Sache tut. Und ich sehe den gesellschaftspolitischen Realitäten ins Auge. Und da könnte Christine Neubauer mit ihrer Mischung aus Patentheit, Werteorientierung und Emotionalität stilbildend für unser modernes Frauenbild sein. Zumindest für jenes, das aus dem Marketingetat von Volker Kauder heraus entwickelt wird. Ich schaltete neulich an der Stelle ein, als ihr geliebter Mann grade an Hodenkrebs verstorben war. Neunzehnjährig, das muss man sich mal vorstellen. Nun standen Christine Neubauer und ihre siamesischen Drillinge mutterseelenallein zu viert in der Welt. Das war schlimm und wurde – wenn ich das richtig nachvollzogen habe – zunächst auf einen Auftritt bei Kerner zurückgeführt. Aber schnell stellte sich raus, dass letztlich das alles in allem unheilvolle Wirken von Rot-Grün schuld war. Speziell die Steuerbefreiung von Biodiesel.

Die patente Christine Neubauer hatte aber die Lacher auf ihrer Seite, als sie bei einem furiosen Einsatz als Hilfs-Callgirl zwei, drei brillante Leitartikler einer renommierten deutschen Wochenzeitung kennen lernte – und binnen drei Wochen mit weiblicher Raffinesse von ihren Posten verdrängt hatte. Eigentlich konnte Christine Neubauer ja gar nicht schreiben, weshalb sie zweimal in Folge den obligatorischen Leitartikel über die große Koalition übernehmen durfte, und was die alles leisten solle, könne und werde. Der gut aussehende Chef stand mit seinen amerikanischen Fitnesstrainern so im Flur rum und sah ihr versonnen nach. Bei der Weihnachtsfeier kam er dann zu ihr rüber und gestand ihr, wie gut ihm ihre zwei Leitartikel gefallen würden. Eins gab das andere, und nach dem nächsten Schnitt schickte Christine Neubauer ihre polnische Kinderfrau zum Teufel, fuhr ihre siamesischen Drillinge ins Heim, trat bei Christiansen auf und ging schließlich mit ihrer treuen Sekretärin ein weißes Hochzeitskleid kaufen. Aber als der Pfarrer sagte, man sollte es jetzt sagen, wenn man etwas zu sagen hätte oder für immer schweigen, kamen die zwei, drei ehemaligen Leitartikler den Gang runtergerannt und schwenkten doch tatsächlich Christine Neubauers Stasiakte. Christine Neubauer brach in Tränen aus und wollte sich halbherzig damit herausreden, dass sie eine Wessi sei. Man lachte sie kräftig aus, und dann kamen bei uns leider Gäste zum Paar-Abend, sodass ich das Ende nicht mehr mitgekriegt habe. Alles in allem muss ich aber sagen: eine flotte Komödie, wie sie Godard so nicht hingekriegt hätte.

Und nun die Moral: Manchmal kommt mir das Leben vor wie ein Fernsehfilm mit Christine Neubauer. Man weiß, man sollte manches auf jeden Fall ausschalten. Man lässt es trotzdem laufen. Und dann hat man die Scheiße. So, das soll’s jetzt aber gewesen sein mit Christine Neubauer, die ja übrigens fest vergeben ist. In der nächsten Folge schreibe ich über Simone Thomalla. Das wird mir sicher auch negativ ausgelegt werden. Ich höre Sie schon zischen: Was will er denn mit der Thomalla? Steht er auf dieee? Und wer ist das überhaupt?

Die Charts

1 Pop: „Für die nicht wissen wie“ (2) – Erdmöbel – alternative Version eines ultimativen Songs

2 Fußball: Ralf Rangnick – ManU kann sich freuen

3 Harald Schmidt: wird wieder wichtiger, passen Sie bloß auf

Fragen zu Vollweibern? kolumne@taz.de MORGEN: Bernhard Pötter über KINDER