VOM VORSTANDSVORSITZ DER DEUTSCHLAND AG ZUM AUFSICHTSRATSCHEF
: Global Player Schröder

Mit erstaunlicher Geschwindigkeit und Unverfrorenheit wechselt Gerhard Schröder von der politischen in die ökonomische Sphäre. Nur drei Wochen nach seinem Abgang als deutscher Regierungschef übernimmt der Exkanzler nun den Vorsitz einer deutsch-russischen Pipeline-Gesellschaft, deren Aktienmehrheit beim russischen Staatskonzern Gazprom liegt. Daran knüpft sich die Frage: Hat Schröder sein politisches Amt auf anrüchige Weise mit privatwirtschaftlichen Interessen verknüpft?

Schon als Kanzler stand Gerhard Schröder den Vorständen der großen in Deutschland ansässigen Konzerne sehr nahe – vielleicht nicht näher als seine Vorgänger, zumindest aber deutlich sichtbarer. Dem ehemals staatlichen Energieunternehmen Eon ebnete seine Regierung den Weg in die Weltwirtschaft, genehmigte durch Ausnahmerecht die fragwürdige Großfusion mit Ruhrgas und stärkte die Verbindung mit den russischen Staatskonzernen. Global Player aus Deutschland, so die Philosophie, sind unter anderem wichtig, um hoch qualifizierte Arbeitsplätze im Land zu halten. Diese Strategie entbehrt nicht einer gewissen Plausibilität, päppelt jedoch gleichzeitig die beherrschenden Interessen weniger Großer auf Kosten vieler Kleiner. Schröders Regierung hat Eon – den größten privaten Energieversorger der Welt – zu einem marktbeherrschenden Unternehmen gemacht, das der Mehrheit der Wirtschaft seine hohen Preise diktieren kann.

Insofern setzt Schröder den Weg fort, den er als Kanzler begonnen hat – er wechselt nur vom Vorstandsvorsitz der Deutschland AG zum Aufsichtsratschef des Pipeline-Konzerns. Zynismus inklusive: Dass Gazprom via Steuern und Dividenden mit deutscher Beteiligung Russlands Präsidenten Wladimir Putin den Tschetschenienkrieg finanziert, ist eine akzeptierte Begleiterscheinung.

Politik war und ist für Schröder oft strategische Wirtschaftspolitik. Persönliche Bereicherung dürfte bei dieser Art Politökonomie eine eher untergeordnete Rolle spielen. Selbst über großzügige Summen muss sich der Exkanzler, Buchautor und Wirtschaftsberater in spe ohnehin keine Gedanken machen. HANNES KOCH