: Die kleine Wortkunde
Wollen wir nicht alle etwas Beständigkeit? Prüfungen bestehen, auf beständige Traditionen setzen, Bestände auf Lager haben; das Wort „Bestand“ ist sehr positiv konnotiert. Auch die Polizei findet es gut, auf die sogenannten Bestandsdaten der Deutschen zugreifen zu können – möglich macht es die am Freitag vom Bundesrat durchgewunkene Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG).
Nun kann die Polizei ohne Beschränkung auf Einzelfälle von Providern Namen, Adressen, IP-Adressen und Passwörter ihrer Kunden einfordern. Bestandsdaten sind feste Informationen über die Nutzer, während Verbindungsdaten (wie Gesprächsdauer oder Gesprächspartner) Informationen über die Kommunikation beinhalten. Im Gegensatz zu Verbindungsdaten wird für Bestandsdaten keine Vorratsdatenspeicherung gefordert – da sie bereits in einer Datenbank gespeichert sind.
„Bestand“ (Dauer, Existenz, Vorrat) ist die Substantivierung von „bestehen“, das vom althochdeutschen „bistantan“ (bleiben, verharren) abstammt. Das Wort „Daten“ wird im Deutschen seit dem 20. Jahrhundert – verstärkt ab den Fünfzigern – verwendet, grammatikalisch ist es der Plural von „Datum“ (lateinisch für „gegeben“). Im Sinne von „gegebene Größe, Angabe“ wird „Datum“ seit dem 17. Jahrhundert in der deutschen Wissenschaftssprache verwendet.
„Bestandsdaten“ ist ein völlig willkommenes Wort für die Bundesregierung, denn ein Bestand zeichnet sich ja dadurch aus, dass man auf ihn zugreifen kann – und auf einen „gegebenen Bestand“ erst recht. Der objektivierende Begriff „Bestand“ verschleiert zudem, dass es hier nicht um irgendwelche Kisten in Lagerhäusern geht, sondern halt um fundamentale Informationen über reale Existenzen. Eine ehrlichere Bezeichnung wäre „Persönlichkeitsdaten“, obwohl selbst das eigentlich unzureichend ist, denn Passwörter sind weit mehr als nur das: Sie verhalten sich zu Persönlichkeitsdaten wie in etwa der Wohnungsschlüssel zum Personalausweis. Mit dem beruhigenden Gefühl von Beständigkeit hat das rein gar nichts zu tun. ERIK WENK