piwik no script img

Archiv-Artikel

Heuschrecke Mehdorn

In Hamburg mehren sich die Zweifel an dem vom CDU-Senat geplanten Verkauf von Hochbahn und HHLA an die Bahn. Befürchtet werden Gewinnabschöpfung, weniger Investitionen, die Schwächung des Nahverkehrs und des Hafenumschlags

Von Gernot Knödler

Wenn die HHLA morgen ihren 4.600.001sten Container auf die Kaikante hebt, dürfte auch Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in Berlin glänzende Augen bekommen. Mit dem symbolischen Jubiläumscontainer stellt das städtische Unternehmen in diesem Jahr einen erneuten Umschlagsrekord auf, der es interessant macht für mögliche Käufer. An dem Plan des CDU-Senats, Anteile von HHLA und Hochbahn gegen einen Umzug der Bahn-Zentrale nach Hamburg an Mehdorn und Co. abzutreten, regt sich jedoch nicht nur in Berlin Widerstand. Immer mehr Kritiker melden sich zu Wort, die ein schlechtes Geschäft für Hamburg befürchten.

Die Bahn, die an die Börse will, sei mitnichten in der Lage, große Summen in die beiden Hamburger Unternehmen zu investieren. Sie werde im Gegenteil darauf angewiesen sein, deren Gewinne abzuschöpfen, lautet eine Warnung, die von Ex-HHLA-Chef Peter Dietrich und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. ausgesprochen wurde.

Mit einer Eigenkapitalquote von elf Prozent sei die HHLA nicht in der Lage, so zu investieren, dass sie mit dem starken Wachstum des Hafens Schritt halten könne, hatte der Senat argumentiert. Das Gleiche gelte für eine deutschlandweite Expansion der Hochbahn.

Die Eigenkapitalquote der Bahn aber ist mit zehn Prozent noch dürftiger als die der HHLA. Ihre Schulden sind so hoch, dass sie selbst Schwierigkeiten hat, genügend Geld für Investitionen aufzutreiben. Dafür spricht, dass sie in diesem Jahr wohl wieder nicht alles Fördergeld abrufen wird, das ihr der Bund für den Ausbau des Schienennetzes bereitgestellt hat. Das Fördergeld muss die Bahn aus der eigenen Kasse gegenfinanzieren.

Die Bahn müsse „von zugekauften Unternehmen erhebliche Gewinnabführungen erwarten“, glaubt Dietrich. Als Kapitalgeber sei sie also kaum der geeignete Partner. Drastischer formuliert es ver.di: Die HHLA drohe durch das geplante Geschäft ihre Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen, prophezeite Jan Kahmann vom Bundesvorstand der Gewerkschaft.

Wie Ver.di kritisierte auch Ex-Bürgermeister Henning Voscherau (SPD), ein Einstieg bei Hochbahn und HHLA würde der Bahn eine übermäßig starke Stellung im öffentlichen Nahverkehr der Metropolregion und im Hinterlandverkehr des Hafens verschaffen. Die Bahn teilt sich bereits das Schnellbahnnetz mit der Hochbahn und ist stark im Umlandverkehr vertreten. Die Hochbahn hat Schienenverbindungen außerhalb Hamburgs übernommen – bis dato in Konkurrenz zur Bahn. Das Bundeskartellamt sähe eine Übernahme deshalb kritisch.

Im Hinterlandverkehr des Hafens fürchten die einen, dieser könne sich durch besonders billigen An- und Abtransport Vorteile gegenüber Konkurrenzhäfen verschaffen. Andere hingegen glauben, weniger Wettbewerb könne die Gütertransporte sogar verteuern.

„Der Senat hat einen Eid geleistet, Hamburg zu nützen, nicht der Bahn“, mahnt Voscherau. Würde der Senat die Mehrheit der HHLA an die Bahn verkaufen, wäre das „unvereinbar mit unternehmerischer Führung allein anhand hamburgischer Interessen“. Ein prestigeträchtiger Sitz des Konzerns in der Hansestadt reicht aus Sicht Dietrichs nicht aus, um deren Interessen zu wahren. Außerdem könne die Bahn ihren Hauptsitz jederzeit wieder verlegen. Als warnendes Beispiel dürfen die HEW gelten, deren Verkauf von vielen in Politik und Wirtschaft inzwischen bereut wird.