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Archiv-Artikel

17 Jahr, Auto fahr! Ein sinnvoller Luxusschein

Jugendliche, fahrt mehr Fahrrad! Nutzt die BVG! In einer Stadt, in der U-Bahnen die ganze Nacht fahren, ist ein Auto so überflüssig wie ein Kropf. So. Nach dieser Pflichtbemerkung können wir uns dem eigentlichen Thema widmen: Berlin und Brandenburg planen, Jugendliche schon mit 17 Jahren ans Steuer zu lassen, wenn ein Erwachsener auf dem Beifahrerplatz sitzt. Das Modell ist keineswegs die Ermutigung, früh aufs umweltfeindliche Auto zu setzen, im Gegenteil. Es ist mehr als vernünftig.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Denn die ökologisch bewegten Bedenkenträger übersehen, dass das Auto einen großen Reiz auf Jugendliche ausübt. Die Wirtschaft verbreitet unsinnige Freiheitsprosa nicht umsonst. Wer den Führerschein will, wird ihn machen – zur Not ein Jahr später.

Dagegen liegen die Vorteile des Fahrens mit Eltern auf der Hand: Die Unfallzahlen liegen wesentlich niedriger, Verstöße wie zu hohes Tempo gehen zurück, selbst zu stabileren Eltern-Kind-Verhältnissen kann das Projekt führen. Wenn die Frühstarter mit 18 alleine loskurven, sind sie eher gegen die beiden größten Versuchungen für Fahranfänger gefeit: Imponiergehabe und Rasen aus Überschwang.

Das Projekt, das Berlin und Brandenburg heute lange nach anderen Ländern auf den Weg bringen, nimmt zudem die Eltern in die Pflicht: Sie müssen sich mit den Jugendlichen ins Auto setzen, sie müssen sich engagieren. Der Staat fordert sie auf, die Verkehrserziehung auch bei fast Erwachsenen ernst zu nehmen. Davon profitieren hauptsächlich Wohlstands-Kids. Denn klar ist, dass Mama oder Papa nur unter bestimmten Voraussetzungen Fahrlehrer spielen. Geld, ein Auto, Zeit, Interesse am Kind – das alles ist in einer Stadt wie Berlin nicht selbstverständlich. Der Führerschein mit 17 ist ein Luxusschein.