KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER KLEINE SCHRITTE
: Agrarwende hat begonnen

Unscheinbare, graue Verwaltungsakte sind ein wirksames Mittel für echte Veränderung

Uah! Gähn: Niedersachsens Agrar- und Umweltminister haben am Dienstag einen mit dem Gesundheitsressort abgestimmten Runderlass vorgestellt, Filterpflicht für Schweineanlagen, Keimgutachten. Nein, das ist wirklich drögestes Behördenschwarzbrot.

Zum Glück. Denn der Verzicht auf Show-Effekte erhöht die Erfolgsaussichten der Politik. Sie hat – grünes Wahlprogramm und rot-grüne Regierung machen das sehr deutlich – klare Zielvorstellungen. Und statt kläglich beim Versuch, die ganze Landwirtschaft auf einmal umzukrempeln, zu scheitern, findet sie die nötigen Hebel – unscheinbare, graue und hartnäckige Verwaltungsvorschriften. Die lassen sich agrarfachlich vertreten. Und die von ihnen verursachten Belastungen für einzelne Unternehmer wirken nicht unverhältnismäßig, weil sie ja auch mit – von den Gerichten hochgeschätzten – Volksgesundheits-Argumenten begründet sind.

Dass Landvolk-Präsident Werner Hilse beim Versuch, Protest gegen die Expansions-Hemmnisse anzustacheln, in offenkundigen Widerspruch zur Realität gerät, ist ein gutes Zeichen. Es belegt, wie hilflos die agrarindustrielle Lobby diesem allmählichen Umsteuern gegenübersteht. Es könnte auch den Bauern die Augen öffnen, die noch glaubten, Hilses Verband vertrete sie: Dafür, wie wenig dessen Vorstellungen mit ihrer Lebenswirklichkeit zu tun haben. Und wie viel Chancen eine Agrarwende für sie bedeuten kann.