betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Es ist das Wirtschaftskrisenstück schlechthin und wird wieder und wieder gespielt, um die fatalen Folgen auf das Menschenkind zu beleuchten: Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“. Horváth führt auf den Rummelplatz des Lebens, zeigt, wie die Krise nicht nur das Geld, sondern auch die Seelen der Menschen wegfrisst. Wie der ungestillte Lebenshunger aus Menschen Bestien macht, sofern sie daran nicht ersticken. Und wie am Ende die Rücksichtslosigkeit, mit welcher der einzelne Mensch seinem Glück nachjagt, dieses Glück ganz und gar unmöglich macht. Jetzt kehrt das berühmte Stück einmal wieder an den Ort seiner Uraufführung im Jahr 1931 zurück, ans Deutsche Theater nämlich. Dort setzte es vor 82 Jahre der Regisseur Heinz Hilpert mit inzwischen so legendären Schauspielern wie Peter Lorre und Carola Neher in Szene, die damals das unglückliche Liebespaar Alfred und Marianne spielten. Die legendäre Rolle von Mariannes Vater, den Scherzartikelhändler „Zauberkönig“, spielte damals Hans Moser. Jetzt, im Jahr 2013, hat Michael Thalheimer sich des Stoffes angenommen, der Reduktionist und Konzentrationsvirtuose berühmter Theaterstoffe, die er stets nach dem Reduce-To-The-Max-Prinzip inszeniert. Premiere ist am Freitag. (Deutsches Theater: „Geschichten aus dem Wiener Wald“, ab 29. 3., 19.30 Uhr)

Am Vortag hat in den benachbarten Kammerspielen unter der Überschrift „Sklaven“ eine Serie von Einaktern Premiere, die vor über einhundert Jahren der französische Schriftsteller Georges Courteline schrieb. Courteline war ein Virtuose des schrägen Blicks, in dem sich noch das banalste Phänomen zur Groteske verzerrte. Am liebsten richtete er sein Zielfernrohr auf die Auswüchse spießbürgerlicher Borniertheit. Der Regisseur Andreas Kriegenburg hat jetzt den absurden Textreigen inszeniert. (Kammerspiele DT: „Sklaven“, ab 28. 3., 19.30 Uhr)

Manches ist natürlich viel zu ernst, um sich darüber lustig zu machen. Zum Beispiel die Liebe, das ewige Thema, das die einen in den Himmel, die anderen in die Hölle führt. Eines der ältesten Liebesmanifeste ist das biblische „Lied der Lieder“, welches der große König Salomon in archaischer Zeit für die Königin von Saba schrieb. Die Performer der belgischen Gruppe In Vitro, die sich auf avantgardistische Wiedererweckungen alter Texte und Überlieferungen spezialisiert hat, bringen nun den „Song of Songs“ mit Hilfe des Berliner Chores Archaica, Schlagzeug und Elektronik im Ballhaus Ost zu Gehör. (Ballhaus Ost: „Song of Songs“, 29./30./31. 3., jeweils 20 Uhr)

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