Ökowärme für Bauherren bald Pflicht?

Als eines ihrer ersten Vorhaben will die schwarz-rote Bundesregierung ein „regeneratives Wärmenutzungsgesetz“ auflegen. Damit initiiert der rote Umweltminister Gabriel das, woran sein grüner Vorgänger Trittin gescheitert war – an der SPD

AUS FREIBURG BERNWARD JANZING

Die Nutzung regenerativer Energien zur Wärmeversorgung könnte schon bald Pflicht bei Neubauten werden. Die Bundesregierung jedenfalls will die Nutzung der Ökowärme forcieren, die bislang weit hinter ihren Potenzialen zurückblieb.

Zwar gibt es noch keinen Gesetzentwurf – was wenige Wochen nach Amtsübernahme der Regierung kaum überrascht. Doch schon ein Halbsatz im Koalitionsvertrag legt die Route fest: Man wolle „die Marktpotenziale erneuerbarer Energien im Wärmebereich besser erschließen“, heißt es dort. Und deshalb „zum Beispiel ein regeneratives Wärmenutzungsgesetz“ einführen.

Beobachter gehen davon aus, dass eine endgültige Entscheidung über die Machart des Gesetzes Ende Januar fällt. Bislang nämlich gibt es noch zwei konkurrierende Strategien: einerseits eine Bauvorschrift, in Anlehnung an die Wärmeschutzverordnung, die seit Jahren die Wärmestandards des Baus bestimmt – beispielsweise über bestimmte Isolationskriterien. Alternativ dazu wird ein Umlagesystem diskutiert, das die Nutzer fossiler Energien finanziell belastet – so den Ausbau der erneuerbaren Wärme befördert. Ähnlich also dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz EEG, das dem Solarstrom auf dem Stromsektor zum Durchbruch verhalf.

Vieles deutet jedoch darauf hin, dass man die erste Variante durchsetzen wird, weil sie als leichter umsetzbar gilt. Gleichwohl heißt es im Bundesumweltministerium (BMU): „Entschieden ist noch nichts.“ Zumal auch eine Studie im Auftrag des BMU, die Auskunft über die geeignete Struktur eines solchen Gesetzes geben soll, erst im ersten Quartal 2006 vorliegen wird. Dann dürfte es schnell gehen. „Im Laufe des Jahres 2006 kommt ein Gesetz auf den Tisch“, sagt Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE).

Beispiele auf kommunaler Ebene gibt es längst. Im Neubaugebiet Osterberg in Vellmar bei Kassel erhielten die Bauherren im Juni 2002 die Auflage, eine Solarwärmeanlage zu installieren. Diese muss im Jahresmittel mindestens 50 Prozent der Energie für die Brauchwassererwärmung und mindestens 10 Prozent der Energie für die Raumheizung durch die Sonne gewinnen. Vellmar orientierte sich auch an Barcelona, die im August 2000 mit ihrer „Ordenanza Solar“ (Solaranlagenverordnung) vorschrieb, dass Neubauten mit einer Solarwärmeanlage ausgestattet werden müssen.

Eins zu eins wird die Bundesregierung solcherlei aber nicht übernehmen. Ihr ist wichtig, ein gegenüber allen verfügbaren Technologien offenes Gesetz zu schaffen. „Ob der Bauherr Solarwärme oder Holzpellets nutzt, sollte ihm überlassen bleiben“, sagt Carsten Körnig von der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft.

Entscheidend sei nur, dass man den erneuerbaren Energien im Wärmesektor endlich spürbare Impulse gebe, nachdem auch die frühere rot-grüne Bundesregierung die Ökowärme „stiefmütterlich“ behandelt habe. Mit 700.000 Neubauten jährlich oder umfassenden Sanierungen erschließe man mit einem Wärmegesetz ein großes Potenzial für den Klimaschutz.

Gestiegene Energiepreise führten mittlerweile sogar dazu, dass eine solche Vorschrift Bauherrn keine Zusatzkosten verursachen, sondern Geld sparen helfen würde. Wer beispielsweise mit Holzpellets heizt, gewinnt bereits billigere Wärme, als sie jede Öl- oder Gasheizung liefert. Trotzdem tun sich Investoren noch schwer, sich für die neuen Technologien zu entscheiden. Solarexperte Karsten Körnig: „Genau das aber ist der Impuls, der von dem Gesetz ausgehen wird: diese Trägheit zu überwinden helfen.“

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