portrait : Der den Agenten in die Karten schaut
Am Ende ging es überraschend glatt über die Bühne: Wolfgang Neskovic, beurlaubter Richter am Bundesgerichtshof und parteiloser Abgeordneter für die Linkspartei, wurde gestern Nachmittag mit 415 von 564 Stimmen in das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKG) gewählt. Dass der 57-Jährige in den erlauchten Kreis der Geheimdienstkontrolleure aufgenommen wird, galt keineswegs als sicher – hatte doch die Union signalisiert, sie wolle das PKG „Linkspartei-frei“ halten. Als Grund wurde neben der Vita des Kandidaten angeführt, dass Teile der aus der PDS hervorgegangenen Linkspartei auch heute noch vom Verfassungsschutz überwacht würden.
Der Mann ist für Furore immer gut, als Jurist wie als Politiker. Justizgeschichte schrieb der Vater zweier Kinder, als er Anfang der 90er das „Recht auf Rausch“ proklamierte und beim Verfassungsgericht die Legalisierung von Haschisch erreichen wollte. Seiner Ansicht nach war die Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis in keiner Weise gerechtfertigt. Neskovic plädierte dafür, Suchtprobleme grundsätzlich der Gesundheits- und nicht der Kriminalpolitik zuzuordnen. Auch seinen Parteifreunden hat es Nescovic nie leicht gemacht. Lange Zeit war der Mitbegründer der linksliberalen Neuen Richtervereinigung als Vorsitzender des Arbeitskreises sozialdemokratischer Juristen (AsJ) tätig. Im Juni 1995 trat er schließlich nach 16 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD aus. Verbittert warf er den Sozialdemokraten vor, „rechtsstaatlich unzuverlässig“ geworden zu sein. Danach schloss sich Neskovic Bündnis 90/Die Grünen an. Auch dort beharrte er auf unabhängigen Positionen, pochte auf die Einhaltung politischer Grundsätze – etwa das Verbot von Bundeswehreinsätzen im Ausland. Das brachte ihn schnell in Konfrontation zur Parteispitze. Nach heftigen Attacken auf Außenminister Joschka Fischer wegen des deutschen Militäreinsatzes in Jugoslawien 1999 drohte ihm sogar der Parteiausschluss.
Ordentliches Mitglied der Linkspartei will der streitbare Jurist nicht werden. Als Neskovic vorigen Juli in Brandenburg als deren Kandidat zur Bundestagswahl antrat, wurde er gefragt, warum er nicht gleich in die Partei eintrete. Neskovic sagte: „Ich habe zweimal die Erfahrung gemacht, dass ich standhaft geblieben bin, aber die jeweiligen Parteien, in denen ich gewesen bin, ihre Programme über Bord geworfen haben. Ich finde es komfortabel, jetzt als Unabhängiger zu kandidieren. So schütze ich mich davor, möglicherweise erneut eine entsprechende Erfahrung zu machen.“ Parteisoldaten sprechen anders.
WOLFGANG GAST