: „Das kostet uns Arbeitsplätze“
Streit über die EU-Einfuhrzölle für Bananen: Nach Ansicht des Gewerkschafters Ramón Barrantes ist jeder Satz über 75 Euro je Tonne ein Arbeitsplatzvernichtungs-Programm
taz: Ab Januar will die EU pro Tonne Bananen aus Lateinamerika 176 US-Dollar Zoll kassieren. Sind Sie einverstanden?
Ramón Barrantes: Natürlich hoffen wir, dass der langwierige Streit beigelegt werden kann. Aber 176 Dollar pro Tonne sind viel zu hoch. Sollte die EU bei diesem Zollsatz bleiben, werden hier Arbeitsplätze wegfallen.
Werden die lateinamerikanischen Staaten den Bananenstreit auch auf der laufenden WTO-Konferenz in Hongkong ansprechen?
Das würden wir als Gewerkschaft begrüßen. Die EU ist nur unter Druck bereit, den Produzenten in Mittel- und Lateinamerika entgegenzukommen.
Welchen Zollsatz würden Sie akzeptieren?
Wir plädieren für einen Zollsatz, der 75 Euro nicht überschreitet. Ein höherer Zollsatz würde hier Arbeitsplätze kosten.
Die EU argumentiert, dass sie eine historische Verantwortung gegenüber den Produzenten in Afrika hat. Sie sollen durch hohe Zollsätze für Lateinamerikas Bananenexporteure geschützt werden.
Rund 40.000 Arbeiter und Arbeiterinnen schuften auf den Bananenplantagen Costa Ricas. Sie werden durch die EU-Politik gezwungen, ihre Arbeitskraft billiger zu verkaufen und unter noch härteren Bedingungen zu arbeiten. Wir sind dafür, das derzeitige System von Quoten und Tarifen zu verlängern, bis eine einvernehmliche Lösung gefunden ist. Das würde den Anbau hier erst einmal sichern und gleichzeitig verhindern, dass unsere Unternehmer die Löhne drücken mit dem Argument, dass sie Kosten sparen müssen, um auf dem europäischen Markt zu bestehen.
Wie setzen die Unternehmen die Arbeiter auf den Plantagen unter Druck?
Die Löhne stagnieren seit etwa zehn Jahren, was mit den internationalen Marktbedingungen erklärt wird. Den Arbeitern werden immer mehr Aufgaben aufgebürdet. Es wird oft nicht mehr nach Stunden, sondern nach Ertrag bezahlt. Viele Arbeiter haben keinen Acht-Stunden-Tag, sondern sind elf und mehr Stunden auf den Feldern. Dafür erhalten sie im Monat 300 Dollar.
Wie könnte eine einvernehmliche Lösung aussehen?
Von einer totalen Liberalisierung des Marktes würden nur wenige Großunternehmen profitieren, für viele Produzentenländer würde es hingegen das Aus bedeuten – auch für Costa Rica.
Aber wandern die Bananen-Multis nicht jetzt schon ab?
Ja, nach Ecuador, Kolumbien und Brasilien. Die Löhne sind dort einfach niedriger, aber auch die Sozial- und Umweltstandards. Für sie haben wir in Costa Rica lange gekämpft – und nun müssen wir zusehen, wie sie mehr und mehr abgebaut werden.INTERVIEW: KNUT HENKEL