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Archiv-Artikel

Eigentum verpflichtet

betr.: „Sozialpolitik ist Sache des Staates“, Kommentar von Ulrike Herrmann, taz vom 13. 12. 05

Die Verpflichtung, sozial zu handeln, einzig dem Staat aufzubürden führt meiner Meinung nach zum Scheitern einer sozialeren Wirtschaftsweise, weil der Staat – der durch seine Bürger existiert und kein selbstständiges Subjekt ist – auf sozial handelnde Bürger und damit auch Unternehmen – auch wenn diese aus dem Ausland stammen – angewiesen ist. Nicht umsonst heißt es im Art. 14 der deutschen Verfassung, dass Eigentum verpflichtet. Auf ein Argument, das oft zu hören ist, dass es in einer globalisierten Welt nämlich nicht möglich ist, sozial zu wirtschaften, kann ich nur mit einem Lächeln reagieren. Es war bis in die 90er-Jahre möglich, auf die „rheinische“ Denkweise erfolgreich zu wirtschaften. Für mich ist eine der entscheidenden Fragen in der BRD – andere, ärmere Länder mit einer schwachen politischen Stimme in der Weltgemeinschaft, einer schwachen Infrastruktur, wenig nationalen Unternehmen usw. können sich solche Fragen natürlich leider nicht leisten – die Frage, auf welche Art die wirtschaftlich handelnden Akteure handeln und wirtschaften wollen. Der Staat kann nur Rahmenbedingungen schaffen, die ein soziales Wirtschaften ermöglichen, und Druck auf jene ausüben, die unsozial wirtschaften. Für diesen politischen Druck bedarf es natürlich auch eines Konsenses bei der Mehrheit der Bevölkerung darüber, was als „sozial“ angesehen werden sollte – man kann natürlich auch „Arbeit hat Vorfahrt“ als oberste Prämisse sozialen Handelns ansehen. Die Repräsentanten des Staates können nur im Rahmen der Möglichkeiten handeln, die ihm die Bürger erlauben.

Unternehmen können und dürfen sich nicht der Pflicht entziehen, sozial zu handeln, da der Staat ansonsten keinen Menschen auf seinem Staatsgebiet zum sozialen Handeln auffordern darf. Der Staat würde ansonsten die Pflichten einseitig verteilen, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde, so z. B. wenn der Staat den wirtschaftlich stärksten Akteuren zugesteht, unsozial zu handeln, und den wirtschaftlich schwächeren und schwächsten dieselben Handlungen verbietet. Aus diesen Überlegungen heraus folgere ich – wenn ich Ihrer Position bezüglich der Unternehmensethik folgen würde –, dass der Staat den Anspruch, sozial zu sein, langfristig aufgeben kann, da ein sozialer Anspruch gegenüber allen Menschen erhoben werden müsste. GEORGIOS MARGARITIS, Wuppertal