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Archiv-Artikel

Trennung von einem Monster

Argentinien will Ende des Jahres alle Schulden beim IWF begleichen. Präsident Kirchner macht den Fonds für die Armut in Lateinamerika mitverantwortlich

BUENOS AIRES taz ■ Zwei Tage nach Brasilien hat auch Argentinien angekündigt: Ende 2005 wird das Land vorzeitig alle Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) begleichen. In einer vom Fernsehen live übertragenen Rede sagte Präsident Néstor Kirchner am Donnerstagabend, die Verbindlichkeiten in Höhe von 9,8 Milliarden US-Dollar würden durch Devisenreserven der argentinischen Zentralbank getilgt. Argentinien besitzt Devisenreserven von knapp 27 Milliarden US-Dollar. Allerdings beträgt die Auslandverschuldung 120 Milliarden US-Dollar. Mit der vorzeitigen Bezahlung wird Argentinien rund eine Milliarde US-Dollar Zinszahlungen an den IWF sparen.

Die strikte Einhaltung des Schuldendienstes gegenüber dem IWF war stets ein zentraler Punkt der argentinischen Wirtschaftspolitik. Dabei hatte Präsident Kirchner den Fonds stets harsch kritisiert – zuletzt auf dem Amerikagipfel in Mar del Plata in Anwesenheit von US-Präsident Bush, als er dessen Politik als „pervers“ bezeichnete. Immer wieder machte Kirchner den IWF für die Armut in der Region mit verantwortlich. Argentinien sei mit dem Druckmittel der Verschuldung zu einer „antizyklischen Politik gezwungen worden, die sich schädlich auf das Wirtschaftswachstum ausgewirkt hat“. Das Ende der Verbindlichkeiten soll nun zu mehr Handlungsspielraum führen. Estela de Carlotto, Vorsitzende der Großmütter der Plaza de Mayo, sprach „von einem historischen Tag, weil wir mit einem Monster Schluss gemacht haben, das uns unterdrückt hat“.

Venezuela und Spanien haben Argentinien in die Lage versetzt, die Schulden beim IWF zu begleichen. Ende November hatte Venezuelas Regierungschef Hugo Chávez einen Kauf von argentinischen Staatsanleihen in nicht genannter Höhe zugesagt. Bereits wenige Monate zuvor hatte das Land argentinische Anleihen in Höhe von 900 Millionen US-Dollar gekauft.

Bereits vor einem Jahr sei der Rückzahlplan mit der spanischen Regierung besprochen worden, berichtet die argentinische Tageszeitung Clarín. Devisenreserven, Steuereinnahmen und Guthaben in Höhe von 10 Milliarden Dollar seien gebildet worden, um den IWF Ende 2005 auf einen Schlag auszahlen zu können. Dafür reiste vor wenigen Tagen Kabinettschef Alberto Fernández gemeinsam mit der frisch gekürten Wirtschaftsministerin Felisa Miceli nach Spanien. „Dass dir ja nicht einfällt, ohne Geld zurückzukommen“, soll Kirchner seinem Kabinettschef gesagt haben. JÜRGEN VOGT