: Streit in der Gemeinde
PROTESTSTIMMUNG In Berlins Jüdischer Gemeinde wächst der Unmut über den Vorsitzenden Gideon Joffe. Neuwahlen möglicherweise bereits im Herbst
Der Unmut über die Spitze der Jüdischen Gemeinde in Berlin um den Vorsitzenden Gideon Joffe nimmt zu. Mehr als tausend der rund 9.000 Mitglieder hätten bereits eine Petition für Neuwahlen zum Gemeindeparlament unterschrieben, wie die Initiatoren mitteilten. Für Neuwahlen müssen etwa 2.000 Unterschriften zusammenkommen, eine Frist dafür ist nicht vorgesehen. Nach Prüfung der Unterschriften muss laut Satzung innerhalb eines Monats ein Wahltermin festgelegt werden.
Die Opposition gegen Joffe rechnet damit, dass bis zum Spätherbst in Deutschlands größter jüdischen Gemeinde wieder gewählt werden kann, wie Micha Guttmann, Mitglied der Repräsentantenversammlung und einer der Initiatoren der Aktion, sagte.
Mangel an Transparenz
Kritiker werfen dem seit anderthalb Jahren amtierenden Vorstand Misswirtschaft und Mangel an Transparenz vor. Über wichtige Entscheidungen gebe es keine Informationen. Für seinen Machterhalt spiele Joffe innerhalb der Gemeinde Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion gegen Alteingesessene aus.
Im Januar hatte der Vorsitzende angekündigt, dass das Haushaltsdefizit von 3,6 Millionen Euro auf rund 550.000 Euro reduziert worden sei. Gleichzeitig sei der Konflikt um die Betriebsrenten der Gemeindemitarbeiter gelöst worden. Die Opposition bezweifelt diese Angaben.
In der Gemeinde hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Streit gegeben. Joffe, der bereits von 2005 bis 2008 Vorsitzender war, hatte die letzten Wahlen gewonnen. Seine Liste „Koach!“ (Kraft) stellte zunächst 14 der 21 Sitze in der Repräsentantenversammlung. Zwei Repräsentanten haben nach Guttmanns Angaben dem Vorsitzenden bereits den Rücken gekehrt. Viele Juden in Berlin, darunter auch junge Israelis, die in jüngster Zeit in die Stadt gekommen sind, gehören der Gemeinde nicht an. (dpa)