: „Die USA dürfen da nicht stehen bleiben“
Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von amnesty international in Deutschland, reicht die McCain-Initiative nicht
taz: Frau Lochbihler, bei ihrem Europabesuch hat US-Außenministerin Condoleezza Rice kürzlich angekündigt, die UN-Folterkonvention werde künftig auch für alle US-Bediensteten im Ausland gelten. Reicht die McCain-Initiative als Umsetzung dieser Ankündigung aus?
Barbara Lochbihler: Zunächst mal ist es positiv zu werten. Aber wir hatten auch schon andere Ankündigungen, auf die nichts gefolgt ist – wie eben die Behauptung, die USA foltere nicht. Da wird dann herumbewertet, was unter „schwerer“ Folter zu verstehen sei.
Aber ist nicht McCains Formulierung vom Verbot jeder grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung so klar und allgemeingültig, dass sich solche Fehldefinitionen künftig verbieten?
Eigentlich schon. Aber das heißt nicht, dass man nicht doch wieder andere Interpretationen versucht.
Das heißt, auch die neuen Beschlüsse reichen nicht aus?
Es ist wie mit der Türkei: Da haben wir auch die neuen Gesetze gelobt. In der Praxis hat sich aber wenig verändert. So begrüßenswert dieser Schritt ist – die USA dürfen da nicht stehen bleiben.
Was heißt denn das für die Verbündeten der USA?
Sie müssen von den USA fordern, dass die Praxis der Verschleppungen aufhört. Sie müssen fordern, dass Guantánamo geschlossen wird. Sie müssen fordern, dass Foltervorwürfe unabhängig untersucht werden. Und ich warte auf Erklärungen der Bundesregierung, was sie tun wollen, damit es nicht mehr zu illegalen Gefangenentransporten über deutschem Luftraum kommt – womöglich in Länder, wo dann gar nicht US-Bedienstete foltern.
Stattdessen hat Innenminister Schäuble eine Diskussion losgetreten, ob Informationen aus solchen Quellen hier verwendet werden dürfen.
Herr Schäuble geht da in die völlig falsche Richtung. Was er sagt, bedeutet, dass man auch Aussagen verwerten will, die womöglich unter Folter zustande gekommen sind. Dies ermuntert zur Folter.
INTERVIEW: BERND PICKERT