: Wassertisch will Senat einseifen
WASSERBETRIEBE Weil der Senat den privaten Anteilseignern Gewinne garantierte, regt der Wassertisch eine Klage an – wegen Verletzung des parlamentarischen Haushaltsrechts
■ 1999 verkaufte das Land die Hälfte der Wasserbetriebe an private Anteilseigner. Verantwortlich war der schwarz-rote Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Vor der Privatisierung zahlte eine Familie für 150 Kubikmeter Wasser und Abwasser noch 1.148 DM (587 Euro). Jetzt ist die gleiche Menge 26 Prozent teurer. Der Firmengewinn stieg von 8 Millionen Euro vor der Privatisierung auf zuletzt 285 Millionen Euro. Im Oktober kaufte das Land 25 Prozent der Wasserbetriebe von RWE zurück. Die Verhandlungen über den Rückkauf der restlichen 25 Prozent von Veolia laufen. (hei)
VON SEBASTIAN HEISER
Die Initiative Berliner Wassertisch fordert die Fraktionen dazu auf, vor dem Landesverfassungsgericht gegen die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe (BWB) zu klagen. „Gegenstand des Verfahrens wäre die Verletzung des Budgetrechts des Parlaments“, so Wassertisch-Sprecher Wolfgang Rebel am Donnerstag. Er legte zudem eine kurze schriftliche Einschätzung des Anwalts Christian Kirchberg vor, der Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer ist und eine solche Klage für aussichtsreich hält. Kirchberg wäre auch bereit, die Fraktionen zu vertreten – für ein Honorar von 30.000 Euro plus Mehrwertsteuer, wie Rebel sagte.
Im Oktober hatte der Senat 25 Prozent der Wasserbetriebe vom RWE-Konzern zurückgekauft und den Landesanteil damit auf 75 Prozent erhöht. Laut Kirchberg begann mit dem Geschäft eine sechsmonatige Frist, innerhalb deren eine Fraktion die Verträge zum Gegenstand eines Gerichtsverfahrens machen kann. Die Frist läuft in drei Wochen ab.
Inhaltlich würde die Klage argumentieren, dass das Parlament im Jahr 1999 um sein Recht gebracht worden sei, über den Haushalt des Landes zu entscheiden. In der Berliner Verfassung heißt es: „Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder Abgaben erhoben noch Anleihen aufgenommen oder Sicherheiten geleistet werden.“
Doch als das Land Berlin die Hälfte der BWB-Anteile verkaufte, sicherte der Senat den privaten Anteilseignern eine Gewinngarantie zu. Falls der Überschuss der Wasserbetriebe nicht ausreicht, muss dieser garantierte Gewinn aus dem Landeshaushalt gezahlt werden. Bei dieser vom Senat abgegebenen Gewinngarantie handelt es sich nach Ansicht von Anwalt Kirchberg um eine Sicherheit, die laut Verfassung nur auf Grundlage eines vom Parlament beschlossenen Gesetzes abgegeben werden darf. Weil es ein solches Gesetz aber nicht gibt, sei das Parlament in seinen Rechten verletzt worden und jede Fraktion könne dagegen klagen.
Zugleich offenbarte sich erneut die Zerstrittenheit der Personen, die gemeinsam den einzigen erfolgreichen Volksentscheid Berlins – über die Veröffentlichung der Wasserverträge – durchgesetzt haben. Inzwischen sind daraus drei Gruppen entstanden. Die inhaltlichen Unterschiede sind minimal, die persönlichen Differenzen umso größer. Die „Wasserbürger“ jedenfalls nutzten am Donnerstag die Gelegenheit, den Wassertisch anzugreifen: Sie selbst hätten die juristischen Argumente gegen die Privatisierungsverträge schon viel früher gebracht, sie hätten außerdem noch mehr Wege zur Anfechtung der Verträge aufgezeigt und sie würden einen Anwalt kennen, der die Vertretung der Fraktionen vor Gericht kostenlos übernehmen würde.