: Hertha verpatzt den Saisonabschluss
Im letzten Bundesliga-Spiel vor der Winterpause kann Hertha BSC dem 1. FC Nürnberg am Sonntag abend mit viel Mühe ein Unentschieden abtrotzen. Damit halten die Berliner zwar Platz fünf in der Tabelle. Sie verlieren aber den Anschluss nach oben
VON Andreas Rüttenauer
Hans Meyer hatte recht. Der nette, ältere Herr, der vor anderthalb Jahren als Trainer für die Rettung von Hertha BSC vor dem Abstieg gesorgt hatte, meinte unter der Woche: „Während eines Spiels hat man keine Zeit für Sentimentalitäten.“ Mayer ist seit einigen Wochen Trainer des 1. FC Nürnberg, dem Gegner der Berliner am letzten Hinrundenspieltag der Bundesliga im Olympiastadion. Die Fans klatschten kurz, als vor Spielbeginn der Name des Gästetrainers genannt wurde – dann wandten sie sich wieder ihrer Aufgabe zu und besangen Hertha. Nach dem 1:1-Endstand war Meyer dann zu einem stinknormalen Gästetrainer geworden.
Dass die Rückkehr Meyers nicht zum kitschigen Rührstück wurde, lag auch am Spiel. Die junge Hertha-Mannschaft, bei der Marcelinho gesperrt sowie Joe Simunic, Dick van Burik und Nando Rafael verletzungsbedingt fehlten, hatte gewaltige Startschwierigkeiten. Die erste gute Chance im Spiel hatten die Gäste, die überraschend offensiv agierten. Damit hatten die Berliner nicht gerechnet. Sie brauchten 20 Minuten, um ins Spiel zu finden. Da pfiffen die ersten Zuschauer schon lange. Die Berliner sind äußerst unzufrieden mit ihrer Hertha und lassen das die Mannschaft spüren. Entweder sie kommen gar nicht – gestern waren es 30.149 Zuschauer – oder sie buhen und pfeifen.
Dabei gäbe es gute Gründe, die Mannschaft zu unterstützen: Es gibt wohl kein Team in der Bundesliga, deren Spieler so verwurzelt sind in der Stadt ihres Clubs wie Hertha. In der Startformation vom Sonntag standen fünf Spieler, die in Berlin geboren wurden. Und während man beim Ligakonkurrenten Dortmund beginnt, das Team aufgrund seiner Jugend und Heimatverbundenheit zu lieben, bleiben die Berliner zurückhaltend. Hier erntet ein jugendlicher Spielmacher wie Kevin Boateng beinahe nur Unmut für seine Aktionen. Dabei spielten die Berliner um Platz fünf zur Winterpause. Sollten sie den auch am Ende der Saison innehaben, dürften sie wieder am Uefa-Cup teilnehmen. Aber trotz aller Berliner Bemühungen: Die Fans wollten nicht so recht auftauen.
Derartig vom eigenen Anhang vernachlässigt, agierten die Berliner immer verunsicherter. Die Führung der Gäste in der 54. Minute durch Ivan Saenko kam deshalb nicht überraschend. Hertha antwortete mit wütenden, unkontrolliert vorgetragenen Angriffen. Endlich wurde es laut im Stadion. Mit Ellery Cairo, Solomon Okoronkwo und Ashkan Dejagah spielten am Ende drei Stürmer für Hertha. Die Berliner wollten es wissen. Und sie wurden belohnt: Alexander Madlung erlöste mit seinem Kopfball drei Minuten vor Ende den Anhang. Ein Punkt war gerettet, Platz fünf auch. Und die Fans? Die gingen schweigend von dannen.