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Archiv-Artikel

Typisch Bayern – irgendwie

Der FC Bayern gewinnt 2:1 in Dortmund und stellt mit dem 14. Sieg der Saison einen neuen Hinrundenrekord auf. Nach dem Spiel singen die Sieger ein Loblied auf das blutjunge Borussenteam

Wenn wir wollen, besiegen wir euch eh – keiner verkörpert das Motto des FC Bayern 2005 besser als Felix Magath

AUS DORTMUND MARCUS BARK

Uwe Hünemeier hat Urlaub. Das Revierderby zwischen Schalke II und Borussia Dortmund II in der Oberliga Westfalen wurde am Sonntag ohne ihn angepfiffen. In den Städtischen Kliniken werden sie den Zivildienstleistenden zwei Wochen lang nicht sehen: „In der fußballlosen Zeit nehme ich auch bei der Arbeit frei.“ Der Dortmunder sah keinen Grund, Fußball als seinen Beruf anzugeben, nur weil er gerade gegen Claudio Pizarro und Roy Makaay ein beachtliches Debüt in der Bundesliga gefeiert hatte.

Dabei wirkte Uwe Hünemeier, 19 Jahre alt, während und nach der Partie gegen den FC Bayern durchaus wie ein Profi. „Schade, dass wir 1:2 verloren haben. Wir haben es in der ersten Halbzeit verpasst, in Führung zu gehen“, sagte der Innenverteidiger. Wenn sein Urlaub zu Ende ist, wird er vermutlich noch einige Male in der Klinik erzählen müssen, wie er fast mit einem Kopfball für die Führung gesorgt hätte. Owen Hargreaves rettete drei Minuten vor der Pause mit Hilfe der Latte auf der Linie. „Ich hatte gehofft, dass er irgendwie drin war“, sagte Hünemeier. Irgendwie aber sprang der Ball wieder ins Feld, irgendwie spielten die schlappen Bayern in der zweiten Hälfte besser, und irgendwie hatten sie dann am Ende wieder gewonnen.

Irgendwie schaffen sie das fast immer. Von den 17 Spielen der Hinrunde haben sie 14 gewonnen. Selten brillant, oft souverän, manchmal benötigten sie ihren treuen Begleiter. „Heute haben wir richtig Glück gehabt“, sagte Münchens Manager Uli Hoeneß, dem ansonsten sofort die Adern schwellen, wenn andere vom Bayern-Dusel sprechen. In der Schlussphase sei auf der Bank die „Panik auf der Titanic“ ausgebrochen, sagte Hoeneß. Vorstandsvorsitzender Karlheinz Rummenigge sprach über die drei Punkte von einem „vorgezogenen Weihnachtsgeschenk“.

Felix Magath bemühte sich, die Dinge zu relativieren. „Aktiv zu sein, bedeutet nicht gleich Panik“, sagte der Trainer.

Mit seiner stoischen Ruhe verkörpert Magath den FC Bayern 2005 glänzend. Wenn wir wollen, besiegen wir euch eh – so heißt das Motto. In der Halbzeit habe er die Mannschaft aufgefordert, „ein bisschen etwas“ zu tun, sagte der Trainer später. Das reichte dann auch. Die Dortmunder, die mit durchschnittlich knapp 22 Jahren wie zuletzt fast in jeder Woche wieder einen neuen Rekord als jüngste Bundesliga-Mannschaft der Geschichte aufstellten, hatten den beiden Treffern von Ali Karimi (52.) und Claudio Pizarro (73.) nur den von Florian Kringe (79.) entgegenzusetzen.

Dortmunds Torschütze hätte angesichts einer taktisch, spielerisch und kämpferisch sehr ordentlichen Leistung den Bayern-Dusel verteufeln können. Der Nothelfer auf der linken Seite in der Viererkette, mit 23 Jahren derzeit einer der Älteren beim BVB, war aber eher stolz, gegen „das Maß aller Dinge“ gut mitgehalten zu haben. Das mache Mut für die Rückrunde, auch wenn die erste Serie mit drei Niederlagen in Folge zu Ende gegangen sei.

Diese Demut kommt bei den Bayern gut an. „Mit der Mannschaft ist in einigen Jahren wieder zu rechnen“, lobte Hoeneß den Gegner. Seine Mannen kamen da gerade vom Auslaufen und schlichen mit tief ins Gesicht gezogenen Wollmützen in die Kabine. „Sie sind müde“, sagte Hoeneß. Er machte nur zwei Ausnahmen aus. Mit Abstrichen sei das Lucio, in erster Linie Pizarro. Der Peruaner ist der Stürmer für die zweite Hälfte der Hinrunde. Seitdem Roy Makaay schwächelt, was er am Samstag in fast schon Mitleid erregender Art tat, trifft Pizarro. „Wir haben halt eine gute Mannschaft“, sagte Hoeneß auf die Frage, warum die Bayern auch ihre schwachen Spiele gewinnen. Jetzt müsse aber schnell Urlaub her. So gut wie „Zivi“ Hünemeier haben es die Berufsfußballer aus München noch nicht. Sie spielen am Mittwoch im Pokal gegen den HSV. Vermutlich müssen sie dann sogar noch ein bisschen mehr tun.

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Degen, Hünemeier, Metzelder, Kringe - Kruska, Kehl - Sahin - Odonkor (86. Saka), Smolarek, Buckley (65. Gambino) Bayern München: Kahn - Sagnol, Lucio, Ismaël, Lizarazu - Demichelis (38. Ottl) - Hargreaves (63. Schweinsteiger), Karimi (88. Jeremies), Zé Roberto - Makaay, Pizarro Zuschauer: 81.000 (ausverkauft); Tore: 0:1 Karimi (52.), 0:2 Pizarro (73.), 1:2 Kringe (79.); Rote Karte: Saka (89.)